Hohentrüdingen

Flurnamen

 

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Die Wald- und Flurnamen von Hohentrüdingen

Unsere Ahnen fühlten sich mit ihrem Dorf und dessen unmittelbarer Umgebung enger verbunden als die Menschen von heute. Das hat verschiedene Gründe. Gewiss waren sie auch von Neugierde und der Sehnsucht in die Ferne erfüllt, aber es fehlte ihnen die Möglichkeit, den Raum rasch und weit zu überwinden. Sie kannten kein Fahrrad, kein Auto, keine Eisenbahn und kein Flugzeug. Nur wer ein Pferd besaß und reiten konnte, dem gelang es bisweilen, aus der Enge der heimatlichen Gefilde auszubrechen und in die unbekannte feindliche Fremde vorzustoßen. Die Beweglichkeit unserer Vorfahren blieb beschränkt, ihr Arbeitsfeld reichte bei den meisten nicht über ihre eigene Gemarkung hinaus. Vom Hohentrüdinger Turm aus kann man weithinein in schwäbisches und fränkisches Land schauen, aber nur wenige kamen früher in ihrem Leben einmal bis dahin, wo sie am fernen Horizont die Sonne untergehen sahen. Zum anderen strahlte die große weite Welt mit ihren vielen Wundern und Lebensformen nicht in ihre einfachen Stuben herein und ließ sie nicht irre werden in ihren Anschauungen, in ihrem Glauben und Hoffen. Die Informationen aus entfernten Gegenden, überbracht durch Fuhrleute, Hausierer und Handwerksburschen, drangen nur selten in die Stille des Hahnenkammdorfes und gingen von Mund zu Mund. Wahrheit und Mähre vermischten sich dabei zu einem verschwommenen Bild. Der Duft der großen weiten Welt, die uns moderne Menschen beflügelt, uns den Blick weitet, toleranter werden lässt, aber auch Sensationshunger und Begierden weckt, der blieb unseren Ahnen fern. Der Glaube an Gott und die Heiligen half über die schweren Stunden ihres Lebens und Strebens hinweg, stärkte sie im Kampf gegen die Unbilden der Natur, denen sie und ihre Feldfrüchte schutzlos ausgesetzt waren, und verlieh ihnen die Hoffnung auf Erlösung des Menschen jenseits des Todes.

Blieb unseren vorangehenden Generationen auch der Blick in die Weite dieser irdischen Welt mit ihren so unterschiedlichen und vielfältigen Erscheinungen verborgen, so fühlten sie sich um so stärker und inniger mit ihrer unmittelbaren Umgebung verbunden. Sie erfüllten ihre heimatlichen Gefilde mit ihren Erfahrungen, ihren genauen Beobachtungen, ihren Kenntnissen und Vorstellungen und nicht zuletzt mit ihrer reichen Phantasie. Das Denken und Fühlen der bäuerlichen Menschen, die vor Jahrhunderten in unserem Dorfe lebten, ist zum größten Teil vom langen Atem der Geschichte verweht. Nur weniges wurde schriftlich festgehalten. Doch in dem Namen der Felder, Wiesen und Wälder, in den Flurnamen, wie wir sagen, spiegelt sich noch manches von ihrer klugen Beobachtungsgabe, der auch kleinste und geringste Erscheinungen der heimatlichen Welt nicht entgingen. Die Menschen hielten sich damals ja viel in der freien Natur auf, nicht als Touristen und Wanderer, nicht als Erholungssuchende, sondern als täglich mit der Hand in Feld und Wald hart arbeitende Bauern. Als Pflüger und Sämann schritten sie über die Scholle, als Mäher und Schnitter schwangen sie die Sichel und Sense in der Sonnenglut, Als Rübenhacker und Kartoffelklauber mühten sie sich unter Kreuzschmerzen, als Holzmacher und Waldarbeiter schufteten sie bei schneidender Kälte im Winterwald, empfanden dort Ehrfurcht vor der Schöpfung Gottes, aber auch Respekt vor der Kraft und der Wucht eines fallenden Baumes. Fast das ganze Jahr hindurch arbeiteten die Männer an irgend einer Stelle in freier Natur und wurden dadurch vertraut mit dem hintersten Winkel in der Gemarkung. Aber auch Frauen und Kinder hielten sich notgedrungen viel im Freien auf. Als Schnitterinnen und Sammlerinnen, als Recherinnen halfen sie ihren Männern, als Graserinnen und Krauterinnen suchten sie Futter für Kühe und Schweine, als Suppenträgerinnen und Beerenpflückerinnen im Wals sorgten sie für das Wohl der Familie. Die Kinder verbrachten einen großen Teil ihrer Jugend auf dem Felde bei ihren Eltern, streckten Bänder oder rechten nach. Wenn sie gut behütet von ihrer Mutter am Feldrain spielten, lernten sie die Pflanzen und Blumen mit ihren schönen volkstümlichen Namen benennen, belauschten Tiere und Vögel bei der Arbeit im Walde und sammelten auf diese Weise einen reichen Schatz an Naturerkenntnissen an, die erlebnismäßig erworben wurden. Und das alles geschah in der heimatlichen Welt unter einem von Schadstoffen ungetrübten Himmel unter dem bunten Farbenspiel von Sonne, Wolken und Winden. Eine heile Welt durchlebten auch unsere Ahnen nicht. Sie mussten hart arbeiten und wurden oft von den Unbilden der Witterung um den Erfolg ihres Mühens gebracht. Aber sie unterstanden auch nicht dem ständigen Wandel der modernen Arbeitswelt, der Hetze der Zeit und der Jagd nach dem schnellen Glück. Sie wurden nicht durch den Lärm auf dem Boden und in den Lüften gequält, mußten nicht ständig von heute auf morgen um ihre Existenz bangen. Das Leben verlief bei ihnen in ruhigeren Bahnen. Was von den Ahnen ererbt wurde, gab man ohne große Wandlung an die Nachkommen weiter.

Ererbt von den Vorfahren wurden auch die vielen Namen, die an Äckern, Wiesen und Wäldern hafteten und im mündlichen Sprachgebrauch Jahrhunderte hindurch von Generation zu Generation getreulich weitergegeben wurden. Nur noch die älteren Leute im Dorf erinnern sich, wie furchtbar zersplittert unsere Fluren im Hahnenkamm waren. Feldstücke von nur wenigen Metern Breite bildeten keine Seltenheit. Mit modernen Maschinen konnten sie nicht mehr bearbeitet werden. Die große Flurbereinigung der siebziger Jahre des 20. Jahrhunderts hat diesen Zustand beseitigt. Doch mit der Zusammenlegung der kleinen Flurstücke zu großen Blöcken verschwanden viele Namen von Wiesen, Feldern und einstigen Weideplätzen. Protest dagegen erhebt sich natürlich nicht, denn die Flurbereinigung hat das moderne Wirtschaften bedeutend erleichtert. Aber es wäre doch schade, wenn diese schlichten Zeugnisse aus dem Volksmund vergangener Tage völlig in Vergessenheit geraten müssten. In ihnen spiegelt sich manches von der klugen Beobachtungsgabe unserer Ahnen, von ihren originellen Vergleichen, von ihrem Urteilsvermögen, von ihrem auf das Praktische gerichteten Sinn und von ihrem reichen phantasievollen Ausmalen ihrer sie umgebenden kleinen Welt. Auch von ihren Sorgen und Mühen, ihren Ängsten und Hoffnungen und ihrem tiefen Glauben kommt vieles in den Flurnamen zum Ausdruck. Um diese manchmal doch recht originellen Namen nicht der völligen Vergessenheit anheim fallen zu lassen, um einen köstlichen Namenschatz der kalten Entfremdung zu entziehen, haben wir sie gesammelt und zu deuten versucht. Wo es möglich war, wurden die alten Schreibformen aufgesucht und angeführt, denn nur sie garantieren eine sinnvolle Erschließung ihres Inhalts. Die Sammlung erhebt keinen Anspruch auf Wissenschaftlichkeit. Sie soll uns nur ein weniges erahnen lassen von dem Leben unserer bäuerlichen Ahnen, die zufrieden sein mußten mit der Enge und Einfachheit ihres Daseins.