Die Beziehungen der Herren
von Truhendingen zu Gunzenhausen

 

Die Vögte der Truhendinger in Gunzenhausen

Schon seit langer Zeit ist jener Brief vom Jahre 1309 in der lokalen Forschung bekannt, in dem Graf Ulrich von Truhendingen, der auch mehrere Urkunden in Gunzenhausen ausstellen ließ „Von unserem Vogt ze Gunzenhausen“ spricht (1). Es besteht wohl kein Zweifel, daß dieser Vogt in Gunzenhausen im Auftrage der Edelherren von Truhendingen die Ortsvogtei über die grundherrlich nach Ellwangen gehörigen Güter und Untertanen ausübte. Man kann sich nun schwer vorstellen, daß neben einer truhendingischen Ortsvogtei in Gunzenhausen außerdem dort noch eine oettingische existierte und daß die Untertanen, die grundherrlich an das weiter entfernte Kloster Ellwangen gebunden waren, von zwei so bedeutenden Edelgeschlechtern, wie die Truhendinger und die Oettinger es waren, friedlich nebeneinander von truhendingischen und oettingischen Vögten in Gunzenhausen bevogtet wurden. Das Nebeneinander von truhendingischen und oettingischen Vögten in Gunzenhausen wird man unmöglich für das 12. und 13. Jahrhundert akzeptieren können. Es geht auch nicht an, daß man eine oettingische Vogtei über Gunzenhausen annimmt und den Edelherren von Truhendingen, dadurch Zugeständnisse macht, daß man ihren Vogt in der Burg vor den Mauern der Stadt sitzen läßt.

Löst man aber das scheinbare Nebeneinander von Ortsvogteien in ein Nacheinander auf, geht man von der Vorstellung aus, daß die ursprünglich truhendingische Vogtei über die ellwangischen Lehen in und um Gunzenhausen erblich wurde und in Teilen auf dem Erbweg oder durch Kauf an die Oettinger im 14. Jahrhundert überging, so löst sich der Widerspruch von selbst. So muß das Bild einer seit dem 10. Jahrhundert kontinuierlich bestehenden Herrschaft des Hauses Oettingen über Gunzenhausen sich immer mehr Abstriche gefallen lassen. Daß Bergler auch nicht einmal an die Möglichkeit einer truhendingischen Vogtei über die Stadt Gunzenhausen denkt, hat wohl seinen Grund in der dürftigen Überlieferung, die uns auf die eigentliche Herrschaft der Truhendinger in Gunzenhausen nur sehr spärliche Ausblicke gestattet. Zu jener Zeit, da Clauß und Dr. Eidam ihre Ansichten über die mittelalterlichen Herrschaftsverhältnisse in Gunzenhausen darlegten, war freilich jene Urkunde von 1309 mit dem erwähnten Vogt der einzige Hinweis einer truhendingischen Vogtei über Gunzenhausen. Inzwischen wurde jedoch (1934) von Anton Chroust und Hans Proesler das älteste deutsche Handlungsbuch, das Handlungsbuch der Holzschuher in Nürnberg vom Jahre 1304 bis 1307 vorgelegt, eine für die Geschichte Gunzenhausens wichtige, aber noch völlig unausgeschöpfte Quelle, die einen erschütternden Bericht über die erdrückende Schuldenlast der Truhendinger gibt. Mit der Veröffentlichung dieses Werkes, in das die Namen von über 400 Warenschuldnern der Nürnberger Tuchhandlung Holzschuher verzeichnet sind, konnte auch das Dunkel gelichtet werden, das bisher über der Geschichte Gunzenhausens im 12. und 13. Jahrundert lag. Denn in jenem Handlungsbuch werden weitere Vögte der Truhendinger in Gunzenhausen erwähnt. Zuvor sei aber unser Augenmerk auf zwei geistliche Herren gerichtet, die vermutlich einer truhendingischen Ministerialenfamilie in Gunzenhausen entstammen.

Anmerkungen

  1. Englert, Gesch. der Grafen von Truhendingen, Würzburg 1885, Nr.278.