Die Beziehungen der Herren
von Truhendingen zu Gunzenhausen

 

Nota bene! Die folgenden Thesen über Steinberg lassen sich heute nicht mehr halten:

Vom Namen Wernhard her erhalten wir einen, wenn auch nicht ganz zweifelsfreien Hinweis, daß der truhendingische Notar und Pfarrer von Gunzenhausen einem niederadeligen, nach Gräfensteinberg (Steinberg) benannten Geschlecht entstammen könnte. Darauf hat schon Ritter von Lang aufmerksam gemacht. Allerdings sah Lang in Wernhard selbst einen Angehörigen des Truhendinger Adelshauses. Das war zweifellos nicht der Fall, denn Wernhard gehörte seinem Auftreten in den Zeugenreihen der Urkunden gemäß wohl einer niederadeligen Dienstmannenfamilie an. Außerdem tritt der verhälnismäßig seltene Name Wernhard in der Ahnenreihe der Truhendinger Edelleute überhaupt nicht auf. Vielleicht darf man aber unseren Wernhard, den Truhendinger Notar und Pfarrer von Gunenhausen, in Zusammenhang bringen mit einem Minnesänger Wernhard von Steinberc, der in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts von dem mittelhochdeutschen Spruchdichter Spervogel gerühmt wird. Dr. Grupp führt in seinen Oettingischen Regesten S.19 folgende Verse aus der Heidelberger Liederhandschrift an:

Man hat die Heimat dieses von Spervogel gerühmten Wernhart von Steinberg auf die Burg Steinsberg bei Weiler in der Gegend von Sinsheim in Baden finden wollen (heute mit Recht!). Doch lauten die alten Formen dieses Namens Steinsberg und Stainisperch (2). während bei unserem Gräfensteinberg (Steinberg) nie ein s in der Fuge zwischen dem Grundwort (berg) und dem Bestimmungswort (Stein-) zu finden ist. Da der mhd. Spruchdichter ebenfalls die Fom Steinberc gebraucht, kann als Heimat des Wernhart ebensogut unser Steinberg = Gräfensteinberg in Frage kommen. Wenn die Oettinger, wie der Dichter sagt, als Erben Wernharts von Steinsberg zu betrachten sind, so muß es sich doch wohl bei dem von Spervogel gerühmten Wernhart um den Angehörigen einer freien Familie handeln, der seine Besitzungen an die Grafen von Oettingen vererben konnte. Über ein freies Geschlecht, das sich nach Steinberg bei Gunzenhausen benannte, sind aus den Quellen keine weiteren Hinweise zu entnehmen, wenn man nicht den in einer Urkunde von 1180 als Pfarrherrn genannten Friedericus de Stainberch hinzurechnen will (3). An eine alte edelfreie Familie, die über einen weiten Raum begütert war, wird man bei den Steinbergern wohl nicht denken dürfen. Wohl aber könnte der Sänger Wernhart von Steinberc, der sein Gut an die Oettinger vererbte, dem Stande der Königsfreien entstammen.

Dannenbauer hat auf das Nebeneinander von kleinen Freien und Ministerialen in unserer Heimat aufmerksam gemacht (4). Er erwägt, daß die kleinen Freien, die sich durch geringen Eigenbesitz deutlich von den großen dynastischen Geschlechtern abheben, aus dem Stande der karolingischen Königsfreien hervorgegangem seien. An diese Möglichkeit einer Abstammung aus einer königsfreien Familie des von Spervogel gerühmten Wernhart von Steinberc kann gerade in Gräfensteinberg gedacht werden, denn Steinberg ist altes Königsgut mit einer Martinskirche und einem sehr großen Pfarrsprengel (5). An eine Personengleichheit des von Spervogel gerühmten Minnesängers Wernhard von Steinberg und unserem Truhendinger Notar Wernhard wird man nicht glauben können, denn den Minnesänger Wernhart verlegt Grupp in das 12. Jahrhundert, während unser Notar Wernhard erst zu Ende des 13. Jahrhunderts in unseren Urkunden nachweisbar ist. Der seltene Name Wernhard jedoch deutet auf verwandtschaftliche Beziehungen der beiden Sprößlinge aus dem Stamm der Steinberger hin. Es ist nicht ausgeschlossen, daß sich die Steinberger mit dem Auftrag der Ministerialität zu größeren sozialen Ansehen selbst in die Dienste der Truhendinger begaben, so daß auch unser Notar Wernhard ein später Vertreter aus einer einst königsfreien Familie wäre, die in die Ministerialität übertrat. Dies sind aber nur lediglich vom Namen her dürftige Hinweise, die zwar nicht unbedingte Beweiskraft haben, aber dennoch nicht ganz zu mißachten sind. Klare Erkenntnisse über die Abstammung des Pfarrers Wernhard von Gunzenhausen bleiben uns infolge mangelnder Quellen verborgen.

Anmerkungen

  1. Grupp gibt für die dritte Strophe folgende Übersetzung:
      Steinberg hat die Tugend, daß es sich niemand erben läßt, als einen der auch Ehren pflegt, dem Streite hat es obgesiegt. Nun hat es einen Erben, den werten Oettinger Stamm, der läßt ihm seinen Namen nicht verderben.
  2. Karl Weller, Hohenlohisches Urkundenbuch, Bd. II, S.170/17.
  3. Heidingsfelder, Regesten, Nr.455
  4. Heinrich Dannenbauer, Grundlagen der mittelalterlichen Welt, Stuttgart 1958, S.340.
  5. Alt-Gunzenhausen, Heft 29, S.37-47, 66.