Die Ellwanger Lehen

im Raum Gunzenhausen

im 14. Jahrhundert

 

Lehenempfang hochadeliger Herren

Lehenseid

Lehenseid

Im klassischen Lehenswesen, wo reiche Adelige an Minderreiche gleichen Standes Lehen vergaben, hatte sich für den Lehenempfang eine eigene Verhaltensform, ein eigenes Ritual, herausgebildet. Das mochte von Fall zu Fall einige Unterschiede aufweisen, folgte im Allgemeinen aber einmal eingebürgerten Gewohnheiten. Für Ellwangen sollten für die hohen Herren folgende Formen gelten: "Der Lehensherr sitzt auf einem Thron, der Vasall (Lehensempfänger) macht vor ihm eine Kniebeuge und berührt sein Gewand, dann steht er auf und küsst den Abt. Dieser verleiht ihm darauf die Lehen und fordert den Vasallen auf, den Lehenseid zu sprechen Ein genaues Formular dieses Eids liegt freilich erst aus etwas späterer Zeit vor; am Anfang stand nur eine allgemeine Verpflichtung zur Treue" (1). Grundsätzlich sollte jeder, der ein Lehen begehrte, nach Ellwangen kommen und es aus der Hand des Abtes erhalten. Doch mancher hohe Herr, der sich standesgemäß dem Abt ebenbürtig oder gar überlegen fühlte, suchte den Gang nach Ellwangen zu meiden und den Lehenempfang auf andere Art zu vollziehen. Dafür bieten die Auszüge im Lehenbuch für den Fall Gunzenhausen ein Beispiel:

Nach diesem Auszug aus dem Lehenbuch des Klosters Ellwangen war hier ein hochadeliger Mann, der Burggraf Friedrich von Nürnberg, als Lehensmann des Klosters Ellwangen unter Abt Albrecht Hack aus dem Geschlechte der Hacken von Wöllstein erschienen, aber nicht in Ellwangen, wie es eigentlich Pflicht gewesen wäre, sondern in der Reichsstadt Dinkelsbühl

Damit ist wohl als Ort der Zusammenkunft das Karmeliterkloster gemeint, denn die Angehörigen dieses Ordens nannten sich "Unserer lieben Frauen Brüder". Dass Dinkelsbühl als Treffpunkt zur Lehennahme gewählt wurde und nicht Ellwangen, ist sicherlich kein Zufall und mag wohl seinen besonderen Grund gehabt haben. Der Lehensherr Abt Albrecht Hack von Wöllstein entstammte einem Ministerialengeschlecht, stand also vom gesellschaftlichen Stande her unter der Stufe der Edelfreien und Grafen, aber er zählte als Leiter einer Reichsabtei zu den Reichsfürsten wie der Burggraf von Nürnberg. Wäre dieser zum Lehenempfang in Ellwangen erschienen, so hätte er doch wohl die Formalitäten Lehenseid und Lehenskuss erfüllen müssen und das wäre unter den Augen der damaligen Gesellschaft doch unter seiner Würde gewesen. Der Burggraf erfüllte seine Lehenspflicht schon, wenn er überhaupt zum Lehenempfang kam, sei es auch an einem andern Ort. Der Abt wiederum erschien in Dinkelsbühl mit einer Anzahl seiner vornehmen Gefolgsleute und brachte damit seine Macht als Lehensherr zum Ausdruck. Beide hohen Herren einigten sich gütlich und erkannten an, dass die Stadt Gunzenhausen ein Lehen der Reichsabtei Ellwangen war. Der Eintrag bezeugt übrigens einen Neuempfang, denn jedes Mal, wenn ein neuer Abt im Kloster aufzog, war es üblich, dass er seine Vasallen um sich scharte und ihnen ihre Lehen neu verlieh. Gunzenhausen war schon lange Lehen der Abtei Ellwangen, es handelte sich also in Dinkelsbühl um eine Neubelehnung.

Anmerkungen

(AG = Alt-Gunzenhausen, Jahrbuch des Vereins für Heimatkunde)
  1. Bernhard Theil, Das Lehenswesen des Klosters Ellwangen im Spätmittelalter in Zeitschrift für Württembergische Landesgeschichte 1975/76, Stuttgart, S. 101 -122.
  2. Abt Albrecht Hack von Wöllstein (1367-1400)
  3. Abt Kuno von Gundelfingen (1322 - 1367).