Hohentrüdingen

Geschichte und Geschichten eines Dorfes

Frühere Ansichten über die Entstehung Hohentrüdingens

Bergfried

Der ehemalige Bergfried der Burg

Die Burg Hohentrüdingen darf als die größte hochmittelalterliche Befestigungsanlage im Raum zwischen mittlerer Wörnitz und Altmühl angesprochen werden. Heute ist davon nur mehr der Bergfried als eindrucksvolles Zeugnis einer großen Vergangenheit erhalten geblieben, weil er seit dem 18. Jahrhundert als Kirchturm Verwendung fand und deshalb nicht wie die übrigen Teile der Burg 1812 zum Abbruch verfiel.

Wer sich aber der Mühe unterzieht und im Dorf Umschau hält, der gewahrt Reste von Wällen und Gräben, die auf eine ausgedehnte Wehranlage von enormen Ausmaßen und einem außerordentlichen Arbeitsaufwand schließen lassen. Da nur noch wenig anstehendes Mauerwerk erhalten geblieben ist, dafür aber hohe und langgestreckte Wälle die Stelle der ehemaligen Kernburg und das gesamte alte Dorf umgeben, die keineswegs aus verstürzten Trockenmauern entstanden sind, wurde, von kurzzeitigen Beobachtungen ausgehend, die Frage gestellt, ob denn diese einstigen Wehranlagen von Hohentrüdingen überhaupt aus der Zeit des hohen Mittelalters stammen könnten, ob sie nicht etwa vor- oder frühgeschichtlicher Herkunft seien.

Für diese These könnten die vielen Grabhügel sprechen, die am Fuße der Hohentrüdinger Burg im Wald Hag und in der Lach zwischen Ostheim und Westheim liegen und die in vorrömische Zeit zurückreichen. Meist war man eben nur von der Größe und dem Umfang dieser Feste Hohentrüdingen her beeindruckt. Da sich die Burgen des frühen Mittelalters vor allem als Großburg in natürlicher Schutzlage präsentieren, so war man geneigt, auch die Reste der Hohentrüdinger Burg in vor- oder frühgeschichtliche Zeit zu verlegen. So hat auch schon der bekannte Vor- und Frühgeschichtsforscher Paul Reinecke versucht, die Hohentrüdinger Wallanlagen in die Reihe der spätkeltischen Oppida einzugliedern, er mußte aber erkennen, dass bisher keinerlei Funde zu verzeichnen wären.

Unter dem bayerischen König Max II. (1818-1864), in einer Zeit, in der man sein Herz der Romantik zuwandte, in der man die Burgen als Attribute einer fernen Geschichte betrachtete, von Sagen und Geheimnissen umraunt, ließ man am Kirchturm, dem einstigen Bergfried der abgegangenen Burg Hohentrüdingen, eine Kalksteintafel mit einer Inschrift anbringen, in der dieser als Wartturm eines römischen Kastells aus dem 3. Jahrhundert nach Christi eingestuft wurde. Im Hinblick auf die Nähe des raetischen Limes und in Anbetracht der mehr und mehr sich anbahnenden Ausgrabungen militärischer römischer Bauten, hielt man auch das rein mittelalterliche Mauerwerk des Bergfrieds für römisch. Auf Ansichtspostkarten erschien der Ausdruck: Hohentrüdingen mit uraltem Römerturm. Noch im Heimatbuch der Gemeinden des Landkreises Gunzenhausen aus dem Jahre 1939 von Dr. Stark, Dittenheim wird die Ansicht nicht ganz ausgeschlossen, dass an der Stelle der hochmittelalterlichen Burg ehemals ein Römerkastell gestanden habe.

Dr. Eidam, der bekannte Limesforscher aus Gunzenhausen, hatte diese Meinung schon 1932 als "grundfalsch" abgelehnt. In heimatgeschichtlichen Aufsätzen wurde auch wiederholt die Auffassung vertreten, die Burg Hohentrüdingen sei schon im 10. Jahrhundert errichtet worden. Infolge der Ungarneinfälle hätten die Edlen von Truhendingen die Burg in der Niederung von Altentrüdingen verlassen und sich eine größere und sichere Adelsburg auf der Höhe des Hahnenkamms in Hohentrüdingen erbaut, wobei allerdings zu bedenken wäre, dass die Edlen von Truhendingen als Adelsfamilie mit einem festen namengebenden Stammsitz damals noch nicht existierte. Wer sollte in der ersten Hälfte des 10. Jahrhunderts während der Zeit der Bedrängung durch die Ungarn mitten in dem Waldgebiet am westlichen Hahnenkamm die Menschen zu einer derart gewaltigen Arbeitsleistung angespornt und ihren Einsatz organisiert haben?

Der Eichstätter Bischof war zwar schon im 9. Jahrhundert in Heidenheim, Hechlingen, Ursheim, Appenberg und Westheim begütert. Bischof Erchanbald (882-912) erhielt sogar im Jahr 908 von König Ludwig IV. die Erlaubnis, in seinem Bistum "munitiones contra paganorum" = Befestigungen gegen die Heiden anlegen zu dürfen, worunter wohl unter paganorum die Ungarn zu verstehen sind. Sicherlich hatte der Bischof Mühe, seinen Dombereich zu Eichstätt zu schützen, zu einer Abwehr großen Ausmaßes in seinen Hahnenkammbesitzungen um Heidenheim wird es wohl kaum gekommen sein. Befestigungen von der Größe der Burg Hohentrüdingen sind aus dieser Zeit der Ungarneinfälle in unserer engeren Heimat von den Archäologen nicht festgestellt worden. Man hat lediglich aufgrund der letzten Grabung um Jahr 1968 vermutet, dass die untere Umwallung der Gelben Bürg in ottonischer Zeit erneut zur Verteidigung in der Ungarnot eingerichtet wurde. Wenn man aber schon bei der Gelben Bürg zu dieser Zeit enorme Anstrengungen machen mußte, um sie in Verteidigungszustand zu versetzen, wird es kaum möglich gewesen sein, dass man in unmittelbarer Nachbarschaft von Heidenheim in dem damals noch ungerodeten Waldgebiet um Hohentrüdingen eine zweite große Anlage erstellen konnte. Heinrich Büttner hat en seinem Aufsatz "Die Ungarn, das Reich und Europa bis zur Lechfeldschlacht des Jahres 955" gezeigt, wie schlecht die Abwehr in den Anfangsjahren des 10. Jahrhunderts gegen die Streifzüge der Ungarn infolge des Streites der deutschen Adelsgruppen untereinander organisiert war.