Heidenheim

Flurnamen in Heidenheim

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Agellaster Loch, um 1650: Agester Lohe am Hohentrüdinger Weg

Ein verhältnismäßig seltener Waldname unserer Heimat ist Agelsterloh. Der zweite Namenteil "-loh", oft vermengt mit Loch, ist weit verbreitet und bedeutet "lichter Wald", der auch als Weide für Rinder und Schafe genutzt werden konnte, was im Mittelalter sehr häufig geschah (siehe Loh). Der erste Namenteil Agelster findet dagegen seltener Verwendung im heimischen Flurnamengut. Uns ist er heute fremd geworden, aber den Menschen des Mittelalters war er wohl vertraut, denn Agelster war die Bezeichnung für die Elster, jenem schwarz-weiß gefärbten Vogel, der heute selten geworden ist, in früheren Jahrhunderten jedoch allgemein bekannt. Wolfram von Eschenbach hat der Agelster in seinem berühmten Parzivalprolog ein literarisches Denkmal gesetzt. Der geheimnisvolle Waldname Agellasterloh entpuppt sich also als "Elsternwald, als Wald, in dem sich Elstern aufhalten". Das althochdeutsche Wort agalstara = Elster führte dann über ackzel zu der mundartlichen Bezeichnung Atzel, Ätzel, Hätzel oder Hätz. So nennt man noch heute in manchen Hahnenkammdörfern die Elster. In Heidenheim erscheint der Waldname Agellasterloh erstmals im Salbuch des Klosters um 1400:

Noch 1650 war der Name in Gebrauch, denn in einem damaligen Verzeichnis der Abgaben an das Klosteramt steht geschrieben:

Das alte Wort Agelster für die Elster wurde bald nicht mehr verstanden. So ist 1474 in Oberasbach bei Gunzenhausen ein Wald Agelasterlohe in neuerer Zeit zu Eichelasterloh vermengt worden. Agelster als Vogelname für die Elster ist in Vergessenheit geraten, die Eiche stand dem Sprachgebrauch näher. Ob der Eichelgarten in Heidenheim (Pl. Nr. 1120) noch an den Wald Agelasterloh erinnert?

Almosenwiese (745)

Almosen ist ein Lehenwort griechisch-römischen Ursprungs, das aus dem romanischen Bereich Galliens (Frankreich) mit dem Christentum schon früh in die germanische Welt eingedrungen ist. Es bedeutet eigentlich "um Gottes Willen gegebene milde Gabe". Das Mittelalter weist große soziale Unterschiede der Gesellschaft auf. In den Unterschichten, den kleinen Leuten im Dorf, war die Armut weit verbreitet. Das Bettelwesen ist selbst alten Menschen unserer Zeit noch in Erinnerung. Es gab aber auch dazumal schon soziale Einrichtungen, die sich der Armut annahmen. Das Almosenwesen, die Fürsorge für arme Leute, lebte von den Spenden der Begüterten. Verwaltet und gerecht verteilt wurden sie durch den Almosenpfleger. Auch in Heidenheim bestand eine Almosenpflege. Darüber lesen wir in der Vetterschen Oberamtsbeschreibung aus dem Jahre 1732: "Das Almosenamt, dem auch vom Herrn Oberamtmann, Pfarrer und Amtsvogten ein Pfleger, welchen sie aus dem Rat erwählen, vorgesetzt (ist) und demselben die Rechnung über dieses Amt, Einnahme und Ausgaben anvertraut, auch derselbe darüber verpflichtet wird. Es besteht aber die Rechnungseinnahme in Geld, so mit dem Klingelbeutel erhoben, in dem Überschuss des wöchentlichen von Haus zu Haus gesammelten Almosens, in Zins und hingeliehenen Kapitalien und verliehenen Gütern. Davon muss hinwiderum bestritten werden folgende Ausgaben, nämlich: was des Jahres auf Exulanten und arme Leute, auf Hausarme, auf Pfenniggeld ins Pfarrhaus, auf Spend, so nach geendeter sechswöchentlicher Kinderlehr und am Adamstag ausgeteilt, auf Deputat und Rechnungsabhörgebühr, auf Schulgeld und Bücher für arme Kinder, auf Uhr- und Glockenbeitrag, auf Zins und Steuer von denen Spendäckern und Wiesen und insgemein aufgehet. Diese Rechnung wird jährlich von obgedachten Herrn Oberamtmann, Pfarrer und Amtsvogten öffentlich abgehört und unterschrieben". Die Almosenwiese in Heidenheim wurde wohl als Besoldungsbeitrag zur Nutzung an den Almosenpfleger ausgegeben. Aus dem langen Ausdruck Almosenpflegerwiese wurde verkürzt Almosenwiese.

Angerlein, im Angerlein (382-387); Angerleinsacker (381); Acker im Mengerlein (379); mundartlich Engerla

Die Grundbedeutung von Anger ist "Grasland, Grasplatz". Der Flurname ist im deutschen Sprachraum weit verbreitet und geht in frühe Zeiten zurück. Nach Walther Keinath war der Anger "ursprünglich gegen Viehtrieb eingefangenes Wiesen- und Weideland, das abgemäht wurde". Auf dem Anger, der meist in Ortsnähe lag, wurden auch Spiele und Volksbelustigungen abgehalten. Bekannt ist der Anger zu Abenberg, den Wolfram von Eschenbach in seinem Parzival erwähnt. Schön eingeebnete Spiel- und Sportplätze gab es damals noch nicht. Man tummelte sich auf einer dorfnahen Wiese, dem Anger. In Heidenheim ist das Engerlein heute schön gelegenes Siedlungsgebiet.

Anisbrunnen

Längst bevor die Menschen unserer Heimat einen Naturkundeunterricht erhielten, wendeten sie ihre Aufmerksamkeit auch dem Unscheinbaren in der Natur zu, mit der sie sehr eng verbunden waren. Schon die zahllosen volkstümlichen Namen für Tiere und Pflanzen weisen darauf hin, dass sich manche unserer Ahnen schon vor Hunderten von Jahren ein reiches Wissen über die Gewächse ihrer Heimatgemarkung aufgrund der Erfahrung vorhergehender Generationen angeeignet hatten. Eine derartige, wegen ihres aromatischen Geschmacks und Geruchs begehrte Pflanze war der Anis, auch Enis genannt. Als Küchengewürz spielte er früher eine große Rolle. Nach dem häufigen Vorkommen von Anis könnte der Anisbrunnen benannt sein. Die Bezeichnung Anisgasse mag durch Verkürzung aus Anisbrunnengasse entstanden sein. Beide Namen sind heute nicht mehr geläufig.

Anwander, Anwendern

Als Anwander oder Anwender wurde früher das unausgemessene Kopfstück vor dem Anbauland bezeichnet, das vom Besitzer für das Wenden des Pfluges benutzt wird. Als Zugkraft wurden ja bis zum Einsatz von Traktoren nach dem Zweiten Weltkrieg an den größeren Höfen Pferde und Ochsen, an den kleineren, Selden genannt, eingewöhnte Kühe verwendet. Die Gespanne brauchten, wenn sie am Ende eines Ackers angelangt waren, einen ziemlich breiten Raum zum Einwenden. Die Tiere zertrampelten dabei, hätten sie bis zur Ackergrenze den Pflug bewegt, das Feld des Nachbarn. Daher sparte man auf eigenem Grund und Boden einen größeren Streifen Wendeland aus und pflügte diesen am Schluss quer zu den Ackerfurchen. Diesen für das Wenden des Gespannes bestimmten Ackerstreifen nannte man Anwand.

Amtsknechtswiese (1486)

Die Amtsknechtswiese lag unmittelbar an der Rohrach zwischen den Wassersäcken und den Meieräckern in Richtung Balsenmühle. Sie diente dem Amtsknecht zur Besoldung. Ein Amtsknecht namens Michael Bauer wird schon 1598 genannt. Nach Auflösung des Klosters um 1537 wurden die ehemaligen klösterlichen Güter in Heidenheim und Umgebung, sowie die unterschiedlichen Gefälle aus den Ortschaften von einem weltlichen Beamten des Markgrafen verwaltet. An die Stelle des ehemaligen Abtes trat nun ein Klosterverwalter. Aus der geistlichen Grundherrschart des Klosters wurde ein weltliches Amt, das Klosterverwalteramt, das nun neben dem Kastenamt Hohentrüdingen (Sitz in Heidenheim) bestand. Der Klosterverwalter brauchte für sein Amt einen Diener, einen Knecht, Amtsknecht genannt. Seine Besoldung erfolgte nicht nur in Geld, sondern auch im Nutzungsrecht aus Grundstücken des ehemaligen Klosterbesitzes. Eine Wiese, die dem Amtsknecht zur Besoldung zugewiesen war, führte den Namen Amtsknechtswiese.

Augstwiese

So merkwürdig das erscheinen mag, auch Termine haben im Flurnamengut ihren Niederschlag hinterlassen. Der bekannte schwäbische Flurnamenforscher Walther Keinath schreibt: "Wochentage, Sonn- und Festtage, Monate und Jahreszeiten spielen eine große Rolle, wobei ihr Sinn vielfach unklar und ihre Deutung unsicher bleiben muss". Er führt in "Orts- und Flurnamen Württemberg" auch Namen an wie Märzenfurt, Augusthalde, Augustgraben. Bei unserer Augustwiese beim Burglehlein unterhalb der sieben Quellen scheint der Name auch mit dem Monat August in Beziehung zu stehen; sei es, dass die Wiese erst im August gemäht werden durfte oder dass sie im August vom Heu oder Grummet geräumt sein musste, um der Herde wieder als Weide zu dienen, sei es, dass dort ein Fuhr- oder Triebrecht im August wirksam wurde. Ein genaues Motiv für diese Namengebung lässt sich nicht mehr nachweisen. Heute ist der Flurname längst erloschen.