Heidenheim

Flurnamen in Heidenheim

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Wassersäcke (1470-1476)

So nannte man Wiesen an der Kreuzung der Straße Heidenheim - Hechlingen mit der Straße nach Ostheim. Diese Gegend, die in der Hohentrüdinger Gemarkung noch den Namen "Fauler Wasen" führt und heute eine in den siebziger Jahren angelegte Weihergruppe aufweist, war schon immer ein Feuchtgebiet ersten Ranges, weil hier der so genannte Verherbach (Forellenbach) und der Reischgraben, die beide aus der Hohentrüdinger Gemarkung kommen, bei Regengüssen eine Menge Wasser zur Rohrach führen, die oft nicht rasch genug abfließen kann und so auf den Wiesen stauende Bodennässe erzeugt, die der Entwicklung von Sumpfgräsern förderlich ist. Da diese Wiesen wiederholt überschwemmt werden, hat ihnen der Volksmund den Namen Wassersäcke verliehen. So wurde der Name in die älteste Flurkarte 1830 eingetragen. Ein alter Beleg dafür ist nicht zu finden.

Wasserstall (2278-2294, 2380-2390)

An Wasser fehlte es in den Niederungen der Heidenheimer Gemarkung nicht. Laufende Brunnen und Dachbrunnen sorgten dafür, dass Heidenheim kaum eine Wassernot kannte. Knapp war allerdings das Wasser auf der Kalksteinregion gegen den Gelben Berg und gegen Wolfsbronn und Degersheim hin. Das Regenwasser, das auf die hochgelegene Albhochfläche des Hahnenkamms fällt, wie man diese Gegend am besten nennt, sickert auf der Höhe um Heidenheim sehr rasch durch die Spalten in den Kalksteinschichten bis zur undurchlässigen Stufe des Ornatentons. Kalkstein ist an und für sich nicht wasserdurchlässig. Aus Kalkstein wurden früher ja die Tränktröge für die Kühe und Pferde gehauen. Durch die Verbindung mit Kohlensäure aus der Luft hat aber, kaum merklich, das Regenwasser in die Kalksteinschichten seit Jahrtausenden Spalten in die Weißjuraschichten eingearbeitet, die sich unseren Blicken unter der Ackerfläche entziehen. Verkarstung nennen die Geologen diesen schon seit Urzeiten wirkenden Vorgang.

Nun gibt es aber auf der Albhochfläche auch Mulden und Wannen, in denen feinkörnige Ablagerungen aus Verwitterungsrückständen beim Abbau der einst darüber liegenden Schichten eingeschwemmt wurden. In ihnen bleibt das Wasser nach einem Regenguss eine Zeitlang stehen, es versickert langsamer. Den scharfen Augen und der Beobachtungsgabe unserer seit Jahrhunderten auf den Feldern an der Degersheimer Straße hier oben arbeitenden Vorfahren musste in dem Trockengebiet der Albhochfläche eine solche Stelle auffallen. Sie fanden auch gleich einen bezeichnenden Namen dafür: Wasserstall, das heißt: Stall oder Stelle, auf der das Wasser eines Regengusses längere Zeit stehen bleibt, während es anderswo rasch versickert. Schon seit 600 und mehr Jahren heißen die Grundstücke so. Um 1400 gehörten nach dem Salbuch folgende Felder hier oben zum Kloster Heideheim:

Weiher, niederer Weiher, der niedere Mahdweiher, der obere Mahdweiher

Man könnte vermuten, dass auf dem hochgelegenen Hahnenkamm eine Teichwirtschaft nicht möglich gewesen wäre. Doch die Heidenheimer Gemarkung wird von der westlichen Rohrach, einem Bach, durchschnitten, an dem von seiner Quelle bis zu seiner Mündung sich nicht nur 20 Mühlen angesiedelt hatten, sondern auch zahlreiche Weiher angelegt werden konnten. Das Kloster hatte die Jahrhunderte hindurch Bedarf an Fischen, denn diese galten als Fastenspeise und die zahlreichen Fastentage wurden dazumal eingehalten. Die wenigen Weiher in der Heidenheimer Markung konnten freilich allein die Nachfrage nach Fischen nicht befriedigen. Das Kloster verfügte auch noch über Weiher "im Tal" am Arlaßgraben bei Roßmeiersdorf und über den Lunkenweiher bei Wolfsbrunn. Außerdem mussten Fische aus dem Altmühltal hinzu erworben werden. So kaufte um 1500 der Abt Hechte und Krebse von dem Fischer von Aha, Hechte und Karpfen aus Weißenburg, Karpfen von dem Fischer von Westheim, von dem Lenz zu Gundelsheim, von "meinem Herrn von Auhausen", dem Abt des Klosters, der im Oettinger Forst über etliche Weiher verfügte.

Zur Fastenspeise erwarb das Kloster in diesem Jahr auch 2 Tonnen Heringe (2 Fässer) für 10 ½ Gulden, ½ Tonne Lachs für 4 Gulden, Stockfische zusammen mit Feigen, venedigische Mandel (aus Venedig), Rosinen, Weinbeeren, Reis und Pfeffer aus Nürnberg. Der Bedarf an Fischen scheint erheblich gewesen zu sein. Der niedere Mahdweiher des Klosters wurde so genannt, weil er an dem Mahd, einem Wiesengrundstück, lag. Um 1400 gehörten zum Besitz des Klosters 1 Tagwerk Wiesen, trägt 2 Gras, "neben dem nyderen Weiher". 1480 hat man gefischt den niedrigen Mahdweiher am Freitag nach Reminiscere und hat daraus gefangen fünfhundert und fünfzig Karpfen. Wer den Namen "niederer Weiher" liest, denkt vielleicht an einen Weiher mit einem niederen Wasserstand. Entscheidend bei der Benennung war aber der Lauf der Rohrach, die von der Höhe des Hahnenkamms beim Obelshof hinunterfließt in den Rieskessel. Der niedere Weiher lag weiter unten als der obere. Zu der Zeit, als sich der Ausdruck "niedere Weiher" einbürgerte, hatte nieder die Bedeutung "weit unten". Später wurde nieder von dem modernen Wort unter verdrängt. Diesen Wechsel von nieder zu unter beobachten wir auch bei Ortsnamen. Unterwurmbach hieß noch 1400 im Gegensatz zu Oberwurmbach "Niederwurmbach", Unterasbach im Gegensatz zu dem höher gelegenen Oberasbach hieß einst "Niederasbach". Das Kloster besaß neben dem unteren Mahdweiher auch noch einen oberen Mahdweiher. Darüber schreibt ein altes Buch:

Einen weiteren Weiher hat das Kloster im Schildsgrund angelegt, der heute noch besteht und Schildsweiher genannt wird. Darüber berichtet ein Rechnungsbuch:

Neben den Weihern unterhielt das Kloster an der Rohrach noch eine obere und niedere Fischgrube. Von der niederen (unteren) Grube wird berichtet:

Von der oberen Grub steht zu lesen:

Weileracker, Weilerwiesen, Weilergarten (4115-4129 ; 4130-33)

Da dieser Eintrag unter Egental (Eggenthal) steht, ist man geneigt, den Flurnamen Weileracker zu deuten: "Acker, der unter dem Weiler Eggenthal liegt". Doch die Sammelbezeichnung Weiler, die für eine Kleinsiedlung in der geographischen Fachsprache eingeführt wurde, scheint hier nicht in Frage zu kommen und bezieht sich nicht auf die jetzige Weilersiedlung Eggenthal, sondern auf die in Luftbildern erkannten römischen Gebäudereste, die zu einer römischen Villa in Beziehung stehen (siehe auch die Namen Meieracker, auf der Mauer). Das althochdeutsche Wort wilari ist ein Lehnwort aus dem spätlateinischen villare, das "Gehöft" bedeutet. So liegen z.B. die Römerkastelle Gnotzheim und Theilenhofen auf Grundstücken, die heute den Namen "auf der Weil" führen. Weileracker ist also zu deuten: Acker auf oder neben der römischen Villa.

Wiedemwiese, Wiedemacker, des Pfarrers Wies

Ein andermal heißt es im Salbuch:

Dieser Name führt uns in das ferne Mittelalter zurück, in eine Zeit, als unsere Pfarreien errichtet wurden. Der Pfarrer bezog dazumal keine Besoldung in Geld. Ihm wurde vom Stifter der Pfarrei, der ein adeliger Grundherr war, ein landwirtschaftliches Anwesen zugewiesen, das er mit seinen Knechten und Mägden bewirtschaften konnte. Der Hof wurde also vom Grundherrn der Pfarrei gestiftet. Statt stiften verwendete man damals das Tätigkeitswort widemen, das "zueignen, ausstatten" bedeutet. Den Hof, der zur Kirche gestiftet wurden nannte man daher Widemhof und der Bauer, der ihn für den Pfarrer bewirtschaftete, war der Widembauer, mundartlich "Widdabauer". Noch heute ist die Bezeichnung in manchen Orten als Hofname gebräuchlich. In anderen Dörfern spricht man vom Kirchenbauern. In Heidenheim mag im frühen Mittelalter für die eichstättische Pfarrkirche St. Walburg (abgebrannt 1551) auch so ein Widemhof bestanden haben. Nun erfolgte allerdings im Jahre 1263 ein Gütertausch. Das Kloster Heidenheim vertauschte in diesem Jahr das ihm zustehende Patronatsrecht über die zwei Kirchen St. Walburg und St. Peter in Stetten gegen das Patronatsrecht über die Pfarrkirche zu Heidenheim, das bisher dem Bischof von Eichstätt gehörte. Das Kloster war nun Besitzer der Pfarrei St. Walburg in Heidenheim. Mit Erlaubnis des Bischofs Hildebrand von Eichstätt (1261-1279) wurde die Pfarrei St. Walburg dem Kloster einverleibt (inkorporiert). Das hat bedeutet, dass der Abt und der Konvent des Klosters Heidenheim die Einkünfte dieser Kirche zum eigenen Nutzen verwenden durften. Bei der Einverleibung des Pfarreibesitzes in das Kloster dürfte der Widemhof zu Heidenheim verschwunden sein. Ein angemessener Teil dieser Einkünfte musste freilich dem Pfarrer dieser Kirche zu seinem Unterhalt verbleiben. Dazu zählten um 1400 3 Tagwerk Widemwies, 2 Tagwerk "des Pfarrers Wies" und 4 Joch Acker bei der Sandbreitung. Sie verblieben dem Pfarrer als Widem, daher der Name Widemacker und Widemwiese.

Wildbretshausen, Wilbrechtshausen, Hiltmarshausen, Hilpertshausen (1187-99)

Der Flurname haftete an Grundstücken zwischen den "Sieben Quellen" und dem Siechkorb. Im Volksmund denkt man beim Klang dieses Namens an das Wildbret, das heißt eigentliche "das zum Braten bestimmte Fleisch des Wildes". Unter Wildbret versteht man aber auch das Wild selbst. Da die Äcker und Wiesen, an denen der Flurname Wildbretshausen haftet, an den Staatswald Burglehlein angrenzen, hat der Volksmund an das Wildbret oder an das Wild selbst gedacht und den Namen gedeutet: "Haus, an dem sich das Wild (auch Wildbret) aufhält". Doch diese Auslegung des Namens Wildbretshausen kann auf keinen Fall befriedigen, auch wenn er so im Grundbuch und in Katastern steht. Wer den wahren Sinn eines Namens erschließen will, muss zu den ältesten Sprech- und Schreibformen vordringen und die lauten nicht Wildbretshausen, auch nicht Wilbrechtshausen, sondern Hiltmarshausen. So lesen wir im ältesten Salbuch des Klosters Heidenheim um 1400: "Item hinter Hiltmarshausen". Den heute in der Mundart eingebürgerten Namen Wildbretshausen müssen wir also richtig deuten: "Beim Haus eines Hiltmar". In der Nähe der "Sieben Quellen" muss also einmal vor vielen hundert Jahren ein Hof (Haus) gestanden haben, das einem Besitzer namens Hiltmar gehörte. Der Hof ist längst verschwunden, er ist zur Wüstung geworden, wie man in der Fachsprache sagt. Aber der Name ist geblieben, doch nicht mehr richtig verstanden und von Hiltmarshausen in Wildbretshausen umgedeutet worden. Da sich weiter keine Nachrichten über einen verschwundenen mittelalterlichen Hof finden, besteht die Möglichkeit, dass bei den "Sieben Quellen" einmal ein römisches Gebäude stand, wie etwa in der Flurlage "auf der Meiera unterhalb Marienbrunn". 1535 heißt es in einem Salbuch:

Willingerin

Nach einem Register der Pfarreieinkünfte aus dem Jahre 1496 gibt ein Contz Wüst von Tegerßheim (Degersheim) 4 ½ Pfund (Geldwährung) von der Willingerin. Damit ist eine Wiese gemeint. Sie muss in Richtung des alten Weges nach Hechlingen am Harsbühl gelegen sein. Ihr Name Willingerin erinnert sicherlich an das Dienstmannengeschlecht der Willinge, das den Grafen von Truhendingen in Treue ergeben und seit etwa 1252 auf der Burg Hohentrüdingen ansässig war. Der Name dieser Wiese beruht womöglich auf einer Stiftung, die ein Angehöriger dieses niederadeligen Geschlechtes der Willinge von Hohentrüdingen der Pfarrei zu Heidenheim zukommen ließ oder der sie zur Nutzung innehatte.