Heidenheim

Flurnamen in Heidenheim

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Farnacker (2935; 2975)

Das Kloster Heidenheim hatte um 1400 folgende Grundstücke in Besitz:

Der Mensch des Mittelalters hatte zu den Pflanzen seiner Heimat ein sehr inniges Verhältnis. Nicht des Natur- und Artenschutzes wegen, nicht weil er sich an ihrer Schönheit begeistern konnte, sondern weil er sie als Heilpflanzen gegen Krankheiten benötigte. Sein Verhältnis zur Natur beruhte nicht auf Schönheitsempfinden, sondern auf praktischen Erwägungen. Die Leute richteten ihre Aufmerksamkeit auf unscheinbare Kräuter, weil sie, von ihren Ahnen als alte Erfahrung übernommen, der Meinung waren, in den Wurzeln und Blättern seien heilende Kräfte wirksam.

Auf diese Weise eigneten sich manche Menschen im täglichen Umgang mit den Pflanzen ein enormes Wissen über sie an und bedachten manche mit liebenden Namen: Himmelbrot, Augentrost, Bittersüß, Ehrenpreis, usw. Durch die moderne Medizin und die fabrikmäßige Herstellung von Arzneimitteln ist vieles von den alten Naturkenntnissen der Pflanzenwelt im Volk verloren gegangen. Neuerdings wendet man sich aber wieder verstärkt der Pflanzenheilkunde zu. Bei diesem engen Verhältnis der mittelalterlichen Menschen zur Natur ist es kein Wunder, wenn die Pflanzen auch in Heidenheimer Flurnamen ihren Niederschlag gefunden haben. Die Flurbezeichnungen "in dem Farm, Farmacker" nehmen Bezug zu den Farngewächsen, von denen Adler- und Wurmfarm in Hahnenkamm die bekanntesten sind. Das mittelhochdeutsche Hauptwort "der varm" lautet jetzt Farn. Die Grundstücke, die mit dem Namen varm bedacht wurden, deuten also das Vorkommen von Farnkräutern an. Da diese aber fast nur im Schatten des Waldes gedeihen, wird man folgern dürfen, dass auf dem Gelände "im Farm" einmal beschattende Bäume gestanden haben. Der Wurmfarn galt früher als ein Heilmittel gegen Bandwurm. Dass die Flurbezeichnung "im Farm" auf "fahren" zurückweise, wird man ausschließen dürfen wie mittelhochdeutsch var, das "Stier" bedeutet.

Fauler Wasen (1414-1444; heute zum Teil Weiheranlage)

Der Faule Wasen war früher eine Ödung, mit Erlen und Weiden bewachsen. Im Zuge der großen Flurbereinigung in den siebziger Jahren wurde dieses Feuchtgebiet in eine Weiheranlage verwandelt. Der feuchte Zustand dieser Grundstücke ist durch das Zusammentreffen des Reischgrabens und des Verherbaches bedingt, die beide aus der Hohentrüdinger Gemarkung kommen und sich dort vereinigen. Die beiden Bäche haben Mühe, in Zeiten heftiger Regengüsse, ihr Wasser in die Rohrach weiterzubefördern und überschwemmen bisweilen sogar die Straße. Die anliegenden Wiesen führen den Flurnamen Wassersäcke. Die Bezeichnung fauler Wasen haftet auch an einem in unmittelbarer Nähe liegenden ausgedehnten Grasland mit Nordhanglage in der Hohentrüdinger Gemarkung an der Straße Ostheim - Hechlingen. Vor 1809 war der faule Wasen "ewiger Weidegrund" der Hohentrüdinger Gemeinde. Heute ist er gutes Wiesenland. Das Eigenschaftswort "faul" ist auf das mittelhochdeutsche vul, voul zurückzuführen, das "morsch, faul, verfault, durch Fäulnis verdorben" bedeutet und das Grasland vor dem Entwässern und Drainieren als minderwertig bezeichnet. Unter Wasen ist im Volksmund eine grasbewachsene Fläche zu verstehen, die für Ackerbau wenig geeignet, daher der Weide zu dienen hat. Mancherorts wurden dorfnahe Wasen auch als Spielplatz benutzt, was aber bei unserem faulen Wasen wegen seines feuchten Grundes und seiner ortsfernen Lage auszuschließen ist.

Federwiesen (1754-1764)

Die Federwiesen lagen an der Rohrach unterhalb des Hiefelbucks und der Eckwiesen. Der Name ist selten im heimischen Flurnamengut. Ein alter Beleg ließ sich nicht finden. Da die Wiesen unmittelbar an die Rohrach grenzen, liegt es nahe, den Namen Federwiese mit den Riedgräsern in Verbindung zu bringen. An sumpfigen, sauren Flussufern, wachsen oft grasartige Pflanzen mit scharfen, schneidenden Blättern. Andere tragen Blütenstände, die einer Feder gleichen. Hühner- und Gänsefedern erweckten leicht die Aufmerksamkeit der Menschen und regten zu Vergleichen mit federartigen Blütenständen an. Da unseren naturverbundenen Ahnen auch nicht die geringste Erscheinung ihrer Heimatlandschaft der Beobachtung entging, ist es durchaus möglich, dass die Federwiesen nach Pflanzen benannt wurden, die federartige Blütenstände trugen. Die Möglichkeit, dass die Federwiesen auch nach dem Vetter, dem Vaterbruder oder Stammverwandten, ihren Namen tragen, ist nicht ganz auszuschließen. Auch an fette Wiesen mit gutem Grasbestand könnte gedacht werden.

Flecken, im nassen Flecken (3275-3294)

Selbst auf der Hochfläche der Heidenheimer Gemarkung, wo der gebankte Werkkalk die Grundlage des Waldbodens bildet, gibt es Flecken, die das Regenwasser nicht sofort in die unteren Schichten sickern lassen. Oft liegen über dem wasserdurchlässigen Kalkgestein noch lehmige Verwitterungsbestände aus abgetragenen Schichten der Kreidezeit, die das Wasser ein zeitlang stauen. Für nasse Flecken in der Gemarkung hatte der Landmann ein besonderes Empfinden, weil dort der Boden schlecht durchlüftete und daher der Ertrag gering ausfiel. Daher auch die vielen Flurbezeichnungen wie z.B. "im Nassen, nasser Fleck, Nasswiesen, Wasserstall, nasses Feld, usw.

Flurwiese, Fluracker (1732), obere Flurwiese (2693)

Diese Namen erinnern an den Gemeindediener, der in manchen Orten bis in die jüngste Zeit auch noch Flur oder Flurer oder Flurhei hieß. Dieser ursprüngliche Name für den Inhaber eines wichtigen öffentlichen Amtes der Marktgemeinde Heidenheim lässt uns in eine Zeit zurückblicken, in der die wesentlichen Aufgaben des Flurers nicht im Ort selbst - etwa als Bote des Bürgermeisters, - sondern draußen in der freien Flur, im Feld, auf Wiesen und Weiden lagen. Im Bewusstsein selbst der ältesten Dorfbewohner ist freilich die Erinnerung an diesen Dienst in Feld und Flur längst gewichen. In alten Flurordnungen findet sich für den Flurer auch noch die Bezeichnung Flurhei.

Was bedeutet sie? Das mittelhochdeutsche Wort heien hat den Sinn von "pflanzen, aufziehen, hegen, schützen und pflegen". In manchen Gegenden heißt der Flurer auch Flurschütze. Darunter verstand man nicht etwa einen Schützen, der mit der Flinte oder Pistole durch das Feld schritt und durch Schreckschüsse die Vögel verjagte, wie das in Weinbaugebieten der Fall war, sondern eine von der Gemeinde beauftragte Person, die die Ordnung in Feld und Flur zu schützen hatte. In Heidenheim hatte das Kloster und der Markt, jeder seinen besonderen Flurer. Darüber steht um 1400 geschrieben:

Die Flurer hatten diejenigen Bürger zu rügen, die Flurfrevel begingen und das geschah des Öfteren. Nicht jeder hielt sich peinlich genau an die Flurordnung. Der eine trieb sein Zugvieh nicht zur festgesetzten Zeit auf die Nachtweide oder er ließ seine Pferde auf der Wiese des Nachbarn weiden. Der andere ließ seine Schweinsmutter mit ihren Jungen in das Saatfeld laufen oder seine Geißen an verbotenen Hecken prossen (fressen). Wieder ein anderer ackerte zu weit in das Gemeindeland, hütete seine Geißen vor dem fünften Laub in die jungen Schläge, brach im Gemeindewald heimlich Besenreisig oder Spännprügel, schnitt Weiden an verbotenen Orten oder schüttelte Äpfel und Birnbäume auf dem Gemeindewasen. Alle diese unzähligen Frevel, die wir heute als Kleinigkeiten werten würden, musste der Flurer rügen und vor dem Ehaftgericht zur Anzeige bringen, das einmal im Jahr unter Leitung des Abtes oder seines Stellvertreters tagte und Geldstrafen verhängte. Zu gerechten und gewissenhaften Durchführung seiner Aufsicht in der Flur wurde dem Flurer neben seiner Besoldung in Geld auch eine Wiese oder ein Acker zur Nutzung von der Gemeinde zugewiesen. Weil diese immer dem Flurer aufgrund seines Amtes zustand, wurde sie Flurwiese genannt.

Föhren, im Fohrn, mundartlich "im Fohra"

So steht es als Klosterbesitz im Salbuch 1400. Im Fohrn, das ist wohl eine Sammelbezeichnung für einen Föhrenbestand wie "im Eichich, im Buch, im Erlach, im Aspich". Auf oder in der Nähe des Grundstücks, das um 1400 mit Wiesen bedeckt war, wuchsen einmal Föhren (Kiefern). Sie mussten in der mit Laubwald bedeckten Heidenheimer Gemarkung auffallen und zur Namengebung anregen. Da sie in der Gegend erscheinen, die den Namen Heide, Heidespan, Heidbühl führt, ist das Vorkommen von Föhren nicht auszuschließen. Sie gedeihen im Hahnenkamm nur einigermaßen gut auf den Verwitterungsböden des Eisensandsteins und entwickeln selbst da kein festes, harziges Kernholz, so dass die Bäume zu Brunnenteucheln und hölzernen Wasserleitungsrohren nicht verwendet werden konnten und diese aus den Keuper-Föhrenwäldern der Heide um Königshofen (Landkreis Ansbach) oder aus der Heide bei Unterwurmbach und Gunzenhausen geholt werden mussten, da die Föhren dort mehr Harz entwickelten. Die Föhren in der Heidenheimer Heid wurden wohl vorwiegend angepflanzt, um Kienholz zu erhalten, das vor der Einführung des Petroleums viel zur Beleuchtung verwendet wurde. Schleißbäume nannte man in früheren Zeiten diese Kiefern = Kienföhren, deren harzhaltiges Holz sich auch gut zum Anschüren eignete. Vielleicht geht auch der Familienname des Scheckenmüllers Hans Schürßlicht = "Schüre das Licht" um 1410 auf diese Art der Kienspanbeleuchtung zurück.

Fuchsloch, im Fuchsloch (1964-1974), Fuchsloch beim Obelshof (4657)

Noch heute berichten die Flurnamen von den früher bei uns heimischen Wildtieren, deren Erscheinen Furcht und Schrecken auslöste. Bär und Wolf beängstigten vor allem die Hirten und Schäfer, wenn sie ihre Herden auf entlegenen Weiden zu hüten hatten, an die womöglich noch ein zusammenhängendes Waldstück angrenzte. Vor allem die Angst vor den Wolfsrudeln war im Mittelalter stark verbreitet. Die Gemeinden suchten durch Anlage von Wolfsgruben sich der Räuber zu erwehren, indem sie Gruben anlegten, die mit einer Lockspeise, dem Wolfsluder, versehen und mit Reisig bedeckt waren. Fast in jedem Dorf im Hahnenkamm zeugt die Flurbezeichnung "bei der Wolfsgrube" von der einstigen Wolfsplage. In der Heidenheimer Gemarkung ist dieser Flurname allerdings nicht zu finden. Als Hühnerdieb war der Fuchs berüchtigt, der oft in einer Nacht ganze Hühnerställe leerte, wenn sie nicht ordentlich verschlossen waren. Die Jäger spürten fleißig nach Fuchsbauten, die nicht immer im Wald, sondern auch im freien Feld angelegt wurden. Im Hahnenkamm sind es vor allem die Lagen auf dem roten Eisensandstein, die den Fuchs zu seinen unterirdischen Verstecken in Löchern verhalfen. Es ist daher kein Zufall, dass die Flurbezeichnung Rötelacker und Fuchsloch dicht beieinander liegen. Das häufige Auftreten der Füchse in unserer Heimat schlug sich in Flurnamen wie Fuchsloch, Fuchsgrube, Fuchsbau nieder. Die angrenzenden Äcker erhielten die Bezeichnung "am Fuchsloch". Eine zweite Flurbezeichnung "im Fuchsloch" ist unmittelbar am Obelshof rechts der Straße nach Spielberg im Wald verzeichnet.

Furt, Furter Viertel

Wir Menschen unserer Zeit, in der überall im Land moderne, mit festem Belag versehene Straßen und Wege von Ort zu Ort und in die Gemarkung führen, haben kaum mehr eine Vorstellung davon, wie schwierig es im Mittelalter war, den Raum zu überwinden. Steilhänge im bergigen Gelände boten dem Verkehr, der sich damals meist zu Fuß oder zu Pferd, seltener mit dem Wagen abspielte, weniger Hindernisse als Flüsse und Bäche in der Ebene, besonders wenn sich entlang des Laufes eine breite Aue hinzog, die bei Hochwasser überflutet und anschließend versumpft war. Steinerne Brücken über Altmühl und Wörnitz kannte man im frühen Mittelalter kaum, hölzerne kosteten immer wieder Reparaturen und hielten nicht lange. Es gibt viele Berichte, dass Fuhrwerke bei einem Flussübergang in die Tiefe stürzten. Die Straßen suchten daher vor allem im frühen Mittelalter die Höhenlagen auf und wenn sie einen Fluss überschreiten mussten, steuerten sie in der Regel jene Punkte im Gelände an, wo die Natur einen günstigen Durchgang durch das Wasser gewährte.

Solche Stellen an einem Bach, wo man am bequemsten "über das Wasser fahren" konnte, nannte man Furt, wobei wir bedenken müssen, dass das Tätigkeitswort fahren in früheren Jahrhunderten jede Art von Fortbewegung bedeutete. Auch in Heidenheim bestand einmal so eine Furt und zwar bei der Metzgerei Birklein. Hier hatte die von Dinkelsbühl über Wassertrüdingen und Geilsheim kommende Straße jenen kleinen Bach zu überqueren, der aus dem Quellgebiet am Sammenheimer Berg kommend in südlicher Richtung seinen Weg suchte. Er ist heute größtenteils verrohrt, hatte aber früher das Mühlrad der Klostermühle, der Hochrädleinsmühle und der Gallenmühle zu bewegen. Entlang der Hechlinger Straße war er noch bis nach dem Zweiten Weltkrieg offen. Verstärkung erhielt er aus dem Heidenbrünnlein, den laufenden Brunnen im Ort und aus dem Götzengraben, der einst von der Steingrube herunter floss. In seinem Oberlauf wurde er bei der Metzgerei Birklein von der Straße überquert. Seit alter Zeit führte diese Stelle den Namen Furt.

Auch Durchfahrten durch kleinste Bächlein konnten den Namen Furt erhalten. Die Anwesen um die Furt herum und noch weiter entlang der Straße zum Marktplatz - der neue Weg von der Sparkasse zum Marktplatz existierte noch nicht, er war Klosterbereich - erhielten bei der Einteilung des Marktes in einzelne Viertel den Namen "Furter Viertel". Der Name Furt erscheint früh in alten Schriften. Um 1390 hatte "des hinkenden Schneiders Haus an dem Furt gelegen" 7 Schilling Haller und 1 Schilling Haller zur Weisat zu geben. Der Weber Hans Suffinger hatte von des Fritzen Schneiders Hofstatt "an dem Furt am Bach" 7 Schilling Haller am St. Veitstag und 1 Schilling Haller am St. Stephanstag zu Weihnachten und 1 Fastnachthenne dem Kloster zu reichen. Desgleichen hatte der Gulden (Personenname) von des Meisterleins Hofstatt an dem Furt und der schwarzen Agnes Tochter von des Bestlens Hofstatt am Furt einige Pfund Unschlitt am Veitstag zu geben. Das Kloster verfügte um 1400 über 2 Tagwerk Wiesen "in dem Furter Mahd". Hans Edelmann hatte aus dem "Furtgärtlein" für Unschlitt 15 Kreuzer 3 Pfennige zu entrichten. Die Furt ist heute längst verschwunden, der Bach verrohrt und niemand denkt heute noch daran, dass auch Heidenheim wie fast jeder Ort im Rohrachgrund einmal seine Furt besaß.