Heidenheim

Flurnamen in Heidenheim

A B D E F G H K L M N O P R S T V W Z

Echtelgreut, Achtelgreut, Echtelgerewt

Im Flurplan von 1833 ist neben dem zur Heidenheimer Gemarkung gehörigen Mittelbühl ein in der Degersheimer Flur liegendes Achselgreut eingetragen (Pl.-Nr. 1968-2020, Degersheim). Wer von dieser Schreibform ausgeht, der wird verleitet, den Namen mit dem menschlichen Körperorgan Achsel in Verbindung zu bringen. So wird in der Laiensprache die Schulter genannt. Nun gibt es ja wohl in der Flurnamengebung Grundstücke, die in der Phantasie der bäuerlichen Bevölkerung mit Arm, Kopf, Nase usw. in Bezug stehen, doch was soll eine Rodung, ein Gereut, mit der Achsel zu tun haben? Hier wird man doch wohl einen Irrweg gehen. Näher zum Ziel gelangen wir, wenn wir unsere Aufmerksamkeit auf das mittelhochdeutsche Wort achtel lenken, das "ein Achtel, ein Getreidemaß" bedeutet. Echtelgreut könnte demnach bedeuten: "ein Achtel von einer gerodeten Fläche". Es kommt aber doch wohl das mittelhochdeutsche Wort ehte in Frage, das "Rechte und Pflichten einer Gemeinde" ausdrückt. Echtelgreut würden dann auf eine Rodung (Greut) auf dem Grund der Gemeinde zum Inhalt haben.

Effraacker (4398), Effraberg (4319-4323)

Ein Flurname ist keine Museumsfigur, die vor langer Zeit geschaffen und sorgfältig behütet, sich bis auf den heutigen Tag unverändert erhalten hat. Ein Flurname gleicht vielmehr einem Gebrauchsgegenstand, der im Laufe der Jahrhunderte der Wandlung und Abnützung im täglichen Sprachgebrauch unterlag, so dass sein ursprünglicher Sinn nicht mehr erkannt werden kann und ihm ein völlig anderer zugeschoben wird. Wer ahnungslos begeistert das Feld der Flurbezeichnungen betritt und von der heutigen Sprech- und Schreibform ausgeht, auf den lauern Fußangeln und Stolperdraht.

So einer Versuchung liegt in den Namen Effraacker und Effraberg vor. Ein einziger Laut genügt oft, um den Inhalt des Namens auf den Kopf zu stellen. Selbst bekannte Gelehrte sind bei der Deutung dieser Namen einen Irrweg gegangen, in dem sie die heutige Schreibweise herangezogen haben, um einen Gedankengang zu begründen. Sie haben hinter dem Namen Effraberg einen Afraberg vermutet. Die heilige Afra war eine römische Frau aus Augsburg, die vom Buhlerleben bekehrt und im Jahre 304 n. Chr. in der Christenverfolgung des Kaisers Diokletian den Märtyrertod erlitt und später heilig gesprochen wurde. Man vermutete, der Flurname Effraberg erinnere noch an eine Afrakapelle bei Hechlingen (nicht die heutige Ruine auf dem Kappelbuck), die in alter Zeit der Augsburger Heiligen zu Ehren auf dem Effraberg errichtet worden sei. Die vermutete Afrakapelle bei Hechlingen sei ein Zeugnis dafür, dass unserer Hahnenkammheimat in frühchristlicher Zeit zur Diözese Augsburg gehört habe. In Wirklichkeit aber heißt der Effraberg in seinen alten Namenformen "der Enhöferer Berg" und die Enhöferer waren Bewohner der Siedlung Enhofen, heute ein Ortsteil von Hechlingen. Aus der alten Form "der Enhöferer Berg" wurde verkürzt "Eferaberg oder Effraberg". Effraacker wäre demnach zu deuten: Acker der Enhöferer. Er gehörte wohl einmal einem Besitzer aus dem nahen Enhofen, das gleich unterhalb der Scheckenmühle liegt und in der größeren Ortschaft Hechlingen aufgegangen ist. So liegt hier ein Beispiel vor, wie ein Flurname durch Wandel im täglichen Sprachgebrauch einen völlig anderen Sinn bekommen kann.

Egerten, Ruhregerte, mundartl. Uregert (3082-3271)

Zum Besitz des Klosters Heidenheim gehörten um 1400 folgende Egerten:

Um 1535 werden folgende Egerten erwähnt:

Der sehr häufig in Heidenheim auftretende Flurname Egerte oder Egerde führt uns in die mittelalterliche Wirtschaftsweise unserer Ahnen zurück. Diese mussten sich in harter Hand- und Pflugarbeit mit dem Boden auseinandersetzen, um ihm das tägliche Brot abzuringen. Die Heidenheimer Böden sind von sehr unterschiedlicher Ertragsfähigkeit. Das liegt an der bunten Schichtung der Juraformation. Sie reichen vom schweren, wasserundurchlässigen Opalinuston im Rohrachtal über den Eisensandstein und den Letten der Ornatentonstufe bis hinauf zu den "steinreichen" Scherbenäckern der Weißjurastufe. Die große Heidenheimer Gemarkung umfasst vor allem die Schichten der Braun- und Weißjuraformation.

Zu der unterschiedlichen Güte der Böden gesellen sich noch ebenso unterschiedliche Bodenformen. Sanft geneigte, tiefgründige Lagen werden von steilwandigen Hängen und Hügeln unterbrochen, die sich auch im Mittelalter kaum zur Pflugkultur, höchstens zur Schafzucht eigneten. Es wird verständlich, dass der alljährliche Anbau steiniger und seichtbödiger Grundstücke in fern gelegenen Außenbereichen der Gemarkung sich nicht von Jahr zu Jahr lohnte, zumal die Düngung nur mangelhaft erfolgen konnte. Man überließ sie daher der Weide durch Schafe und Rinder. Bei etlichen dieser nicht ergiebigen Ackerböden verzichtete man also auf eine alljährliche Ausbeute. Sie wurden daher nur ein- oder zwei Jahre lang als Ackerland genutzt und blieben dann mehrere Jahre "zur Erholung" liegen. Während dieser Ruhelage durften diese Grundstücke beweidet werden. Oft siedelten sich auf ihnen während dieser Zeit auch Büsche und Sträucher an oder sie wurden völlig Weidewald. Für solche Grundstücke, die nur kurze Zeit als Ackerland dienten, aber mehrere Jahre hintereinander brach lagen und erst später wieder umgebrochen wurden, hat sich der Flurname Egerte eingebürgert. In zahlreichen Flurlagen der Heidenheimer Gemarkung, besonders auf der Weißjura-Hochfläche, aber nicht nur dort, begegnet uns dieser Name Egert.

Die Ruhregert, mundartlich Uregert, liegt auf der Jurahochfläche unmittelbar westlich der heutigen Garnison und grenzt an das Spielberger Gemeindeholz. Der Untergrund besteht aus Werkkalk, der hier in der harten Schwammkalkform vorkommt und in dessen unmittelbarer Nähe ein sich heute aufgelassener Steinbruch eingenistet hatte. Die Uregerte war einst im Besitz des Klosters Heidenheim, eine ziemlich große Egerte von etwa 20 Joch. Ihr Name wird aber um 1400 noch nicht genannt. Es heißt im Salbuch nur: "Item liegend noch gen der Palleiten wohl auf 20 Joch ungebauten Egerten". Erstmals als Rueregert erscheint sie 1535:

Die Flurbezeichnung Ruregert erstreckte sich also auch noch auf ein angrenzendes Waldstück. Welche Deutung trifft nun zu? 1732 steht in der Territorial- und Fraischgrenz-Beschreibung:

Wir werden doch wohl der Schreibform Ruhregerten beim Versuch einer Deutung den Vorrang einräumen müssen, denn so wird dieses Grundstück schon 1535 genannt. Auszugehen ist wohl von dem mittelhochdeutschen Wort rüeren, das auch "berühren, angrenzen" bedeutet. Die Ruhregert war jene Egerte, die an die Spielberger und Sammenheimer Gemarkung grenzte. Das Grundstück lag auch an der Fraischgrenze zwischen dem markgräflichen Oberamt Hohentrüdingen und dem oettingischen Oberamt Spielberg.

Elm, im Elm

Die Flurbezeichnung "im Elm" wendet unsere Aufmerksamkeit der Ulme zu, einem Laubbaum, der heute in unserer Heimat vom Aussterben bedroht ist. Er hieß im Mittelalter nicht Ulme, sondern Elme. In dem Namen Elmwald für einen Bergrücken im Harzvorland, sowie in verschiedenen Ortsnamen ist die alte Form Elm noch erhalten. Die Ulme war früher in vielen Arten weiter verbreitet als heute. Das Holz der Ulme ist von außerordentlicher Dauer und Widerstandsfähigkeit und wurde einst im Wagenbau und von Tischlern und Drechslern benutzt. Das Ulmensterben ist nicht erst heute eine Folge der modernen Umweltverschmutzung, sondern setzte bereits zu Beginn dieses Jahrhunderts ein. Die Flurbezeichnung Elm ist auch in Degersheim beheimatet.

Erbsenacker, Arbaysacker (2482)

Der Erbsenacker wird schon um 1400 genannt. Er lag auf dem Berg am Berolzheimer- und Rohracher Weg. Das Kloster besaß dort 7 Joch Acker "an dem Arbaysacker". Das althochdeutsche Wort araweiz, mittelhochdeutsch areweiz, arwiz, erbeiz wird zu unserem Erbse. Diese Frucht wurde schon in vorgeschichtlicher Zeit angebaut. Aus dem Mittelmeerraum gelangte sie früh in unsere süddeutsche Heimat. Hier gedieh sie gut auf den steinigen Äckern der Weißjurastufe. In Heidenheim wird um 1400 ein Mann genannt, der den Familiennamen Arbeismayr = Erbsenmeier führte. Heute noch hört man in unserer Gegend noch den Namen Linsenmeier. In Heidenheim gab es auch einen Erbsenmeier, denn 1400 steht geschrieben:

Espan, Galgenespan (2134) Heidespan, mundartlich Hoadeschbela (2818, 2993-3022), Sandespan (Sandeschbela)(2924), Buchespan (Bucheschbela) (4471-74)

Über den häufigen Flurnamen Espan wurde in der Forschung schon viel gerätselt. Man ist heute zu der Überzeugung gekommen, dass in dem Namen zwei Begriffe stecken. Der erste Namenteil mit dem langen "E", eigentlich ewe, bedeutet "altherkömmliches Gewohnheitsrecht, Recht, Gesetz". Diese Bedeutung muss in Zusammenhang mit "Gemeinde" in Verbindung gebracht werden. Der oder das Espan bezeichnet Gemeindeland. Der zweite Namenteil -span ist aus dem Tätigkeitswort spannen zu erklären. Im bäuerlichen mittelalterlichen Fuhrbetrieb musste Vieles gespannt werden, z.B. die Leitern am Leiterwagen und die Baumstämme auf dem Holzfuhrwerk, damit sie nicht herunterfielen.

Das Spannen erfolgte mit Ketten und Spännprügeln, die man aus dem Gemeindewald holte, was aber in manchen Orten verboten war. Auch auf dem Espan, dem Gemeindeland, musste in alter Zeit gespannt werden, wenn noch kein Hirte vorhanden war. Zwar keine Baumstämme oder Leitern, sondern die Vorderfüße der Weidetiere, damit sie nicht schnell in die benachbarten Getreidefelder liefen und dort Schaden anrichteten. Man band mit einem Strick die beiden Vorderfüße der Kühe, Ochsen oder Pferde lose zusammen und schränkte sie so in ihrer Beweglichkeit ein. Das war zwar für die Weidetiere keine angenehme Sache, für die Hirten jedoch eine bessere Beherrschung der Tiere. Von dieser Art des Spannens der Füße der Weidetiere auf dem gemeindeeigenen Weideland soll nach dem Verständnis der Sprachforscher der Name Espan zu erklären sein.

Bei Espan besteht also kein Zusammenhang mit den Espenbäumen. Der Name Espan wird vielmehr gedeutet: "Espan ist ein Graswuchs tragender, zur Viehweide, insbesondere für Pferde und Rinder dienender Platz. Er ist Gemeindeland, befindet sich aber nicht in der großen, die am Rande befindlichen Teile der Markung einnehmenden Allemende, sondern gewöhnlich in der Nähe des Dorfes, meist innerhalb der Ackerflur" (Joseph Schnetz, Flurnamenkunde). Der oder das Espan diente als "ewiger Weidegrund". Das bedeutet nun nicht, dass die Rinderherde das ganze Jahr über vom zeitigen Frühjahr bis in den Spätherbst hinein nur auf dem Espan geweidet wurde. Die Herde genoss meist unter der Aufsicht des Hirten im Frühjahr eine Vorhut (von hüten) auf den privaten Wiesen bis Walburgi (1.Mai). Die einzelnen Wiesenbesitzer mussten diese Vorhut bis Walburgi auf ihren Grundstücken dulden. Ab Walburgi hatte der Hirte mit seiner Herde die privaten Wiesen zu verlassen und auf die dafür vorgesehenen "ewigen Weidegründe", den Espan und die Wasen zu treiben. Im Herbst, nach Michaelis (29. September), wenn das Grummet eingebracht war, konnte er wieder auf den Wiesen weiden. In der Heidenheimer Gemarkung waren mehrere Espan als Weidegründe vorgesehen. Sie lagen nicht immer in Ortsnähe. Sie sind auf alten Flurplänen mit folgenden Namen oder Plannummern zu erkennen:

Galgenespan Nr. 2134

Zum Meierhof in Heidenheim gehörten um 1535:

Mit dem Gemeindeland, das hier an die 3 Morgen des Meierhofes anstößt, ist wohl der Galgenespan gemeint. Galgen-Espan bedeutet: Espan am Galgen.

Heidespan (mundartlich Hoadeschbela) Nr. 2818, 2952-2954

Er wird schon im alten Salbuch um 1400 genannt:

Er lag in Richtung Spielberg und wird so genannt, weil er an die Heide überm Krämershof grenzte.

Sandespan (mundartlich Sandeschbela) Nr. 2924

Das Kloster Heidenheim hatte um 1400

Für die Benennung war der sandige Untergrund maßgebend.

Schildespan

Der Vollname müsste lauten: Schildsbergespan. Durch Wegfall des Mittelstücks -berg entstand die Kurzform Schildespan, das heißt: Espan am Schildsberg.