Die Gelbe Bürg

in fränkischer Zeit

Der Name "Gelbe Bürg"

Im Volksmund nennt man heute jene Höhe bei Dittenheim den Gelben Berg. Der Name Gelbe Bürg, der sein historisches Merkmal festhält, ist mehr in den Kreisen der Prähistoriker bekannt. Was bedeutet dieser Name? Fassen wir zunächst den ersten Teil des Namens ins Auge. Sogleich gewinnt man, wenn man von der Heutigen Namensform Gelber Berg oder Gelbe Bürg ausgeht, die Überzeugung, daß die gelbe Farbe die Ursache für diese Namenschöpfung gewesen sein könnte. Dem Kundigen, der an dieser Deutung zweifeln wollte, treten warnend weitere Bergnamen im Hahnenkamm entgegen und belehren ihn, daß die Farbe des Gesteins wohl oft dem gesamten Berg den Namen verleihen konnte. Zwischen Hohentrüdingen und Hechlingen z. B. erhebt sich der Rote Berg, der sicher nicht nach einer Rodung, sondern nach seiner auffallenden, ins Rötliche übergehenden Farbe des Eisensandsteins genannt ist. Wohl bedeckte ununterbrochen der Wald diese Höhe - der Rote Berg war Zubehör zur Burg Hohentrüdingen - und verhüllte das Rot der Erde, aber die zahlreichen Hohlwege, die Regen und Wagenrad in das Gestein gegraben haben, die roten Sandgruben mußten in dem einfarbigen Waldesgrün um so mehr auffallen, so daß man ihn einfach den "Roten Berg" nannte (1535: "Das Holtz der Rot Perg genant", um 1430 "Rotenbergk") (1). Ein derartiger Hohlweg im Eisensandstein führt in der Heidenheimer Gemarkung den Namen "Roter Weg". Der "Weiße Berg" in der Nähe der Stahlmühle bei Hechlingen im Hahnenkamm verdankt seinen Namen der hellen Farbe des Werkkalks, und der "Braune Berg" (um 1448 "prawn perg") (2) zwischen Auhausen und Westheim den braunen Feldern der Auhauser Kuppe, die durch die Riesexplosion auf den Keuper aufgetragen wurde. Nach dem Gehalt dieser Namen läßt sich also folgern, daß Bergnamen im Hahnenkamm durchaus aus der Farbe des Gesteins entstanden sein könnten.

Was liegt da näher, als unseren Gelben Berg auch auf diese Weise zu erklären. Der Eisensandstein mit seiner auffallenden Steilstufe und seiner rötlichen Farbe, die mancherorts auch ins Gelbliche übergeht, ist auch auf dieser Höhe als geologische Formation vertreten. Diese Beobachtung veranlaßte wohl manchen Besucher zu der Vermutung, auch der Gelbe Berg sei nach den gelben und braungelben Sanden der Eisensandsteinstufe benannt. Wer aber vom Altmühltal aus einen Blick zu jener vorgeschobenen Höhe am Hahnenkamm schweifen läßt, der wird zu keiner Jahreszeit feststellen können, daß der Gelbe Berg auch tatsächlich eine gelbe Farbe trägt. Seine Hänge sind stets mit kurzrasiger Grasnarbe bewachsen, deren lichtgrüner Schimmer im Spätherbst in ein eintöniges Grau hinüberwechselt. Es war wohl schon in der alten Zeit so und die Hänge des Berges dienten schon in ältester Zeit als Schafweide. Es bedarf schon einer ziemlich starken Phantasie, wenn man den Namen Gelber Berg oder Gelbe Bürg aus der angeblich gelben Farbe des Gesteins erklären will. Was bei den bereits angeführten Bergnamen im Hahnenkamm (Roter, Brauner, Weißer Berg) als durchaus nüchterne Erklärung gelten kann, läßt sich aber nicht einfach auf den geschichtlich bedeutenden Gelben Berg übertragen. Hier sprechen andere namengebende Gesichtspunkte mit.

Wir begeben uns in einen Irrgarten, wenn wir Flurnamen aus Ihre heutigen Schreibweise auf der Karte erklären wollen. Sie wurden im Laufe der Jahrhunderte sehr entstellt. Der Volksmund verstand zuweilen ihren ursprünglichen Sinn nicht mehr und ersetzte ihn durch einen neuen, der in keinem Zusammenhang mehr steht mit dem einstigen Gehalt, der in dem Namen beschlossen liegt. Stetes wird man daher nach den ältesten Namensformen fahnden müssen, um zu sicheren Ergebnissen zu gelangen. Eine kleine Reihe bezeichnender Belege sei hier angeführt. Sie stammen leider aus sehr später Zeit. Vielleicht läßt sich irgendwo einmal eine alte Namensform finden, die mehr Licht verbreitet.

Wie aus den angeführten alten Namensformen hervorgeht, lautete um 1400 der Name nicht Gelber Berg, sondern Gebenbürg. Die bäuerlichen Siedler am Fuße des Hahnenkamms, die wohl im frühen Mittelalter zuerst diesen Namen geprägt haben, hielten es also nicht für wichtig, festzustellen, daß sich dort ein Berg erhebt. Der Gelbe Berg mit seinen Steilhängen war für sie ohne wirtschaftliche Bedeutung, er wurde lediglich als Weide genützt. Viel wesentlicher als die Geländeformen erschien den Bauern am Fuße des Berges der Gedanke, daß sie sich in Notzeiten hinter den Mauern auf der Höhe bergen konnten, daß dort oben der Herr seine Burg hat, die ihnen Schutz verleiht und die sie zu verteidigen hatten. Daher das Grundwort Burg (Bürg) in den ältesten Namensformen.

Neben der umgelauteten Form Gebenbürg finden wir auch die nicht umgelautete Gebenburg. Schreibmüller hat in seinem Aufsatz "Ehrenbürg - ein Bergnamenrätsel" (7) die Beobachtung aufgezeigt, "daß man im mittelalterlichen Franken sehr fein zwischen Bürg und Burg unterschied". Nach seiner Meinung bedeutete damals "Bürg" einen vorgeschichtlichen Ringwall, "Burg" dagegen eine hochmittelalterliche Befestigung. Allerdings - so betont Schreibmüller - wurden die Namen dieser Bürgen in alter Zeit ohne jeglichen Zusatz gebraucht, sie hießen einfach Bürgen oder Birgen. Wie kommt nun unsere Bürg auf dem Gelben Berg zu ihrem merkwürdigen Zusatz "Geben(bürg)", und was mag er wohl bedeuten? Sollte am Ende doch die gelbe Farbe des Gesteins ihr diese nähere Bestimmung verliehen haben und die alte Form "Gelbe Bürg" zu "Gebenbürg" verschrieben worden sein?

Gelber Berg

Oberes Plateau des Gelben Berges

Von HaSe - Eigenes Werk, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=85968583

An einen Schreibfehler wird man aber angesichts der häufigen Form Gebenbürg kaum denken dürfen. Die zahlreichen frühgeschichtlichen Funde auf dem Berge kommen uns zu Hilfe. Sie erweisen eindeutig, daß der Berg auch zur Römerzeit und selbst zu jener Zeit noch besetzt war, als die Alemannen und Franken das Altmühltal besiedelten. Noch im frühen Mittelalter befand sich auf der Krone des Berges die Herrenburg, die von einer adeligen Sippe behütet wurde. Es mag ein fränkischer Edeling auf dem Berg regiert haben, der über die bäuerlichen Siedler im Albvorland herrschte. Nach ihm dürfte dann der Berg benannt sein. Wir können mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit annehmen, daß in dem Bestimmungswort "Geben-" der alte Personenname Gebo verborgen liegt. "Burg eines Gebo" würde dann ursprünglich der Name Gelbe Bürg bedeutet haben. Dabei ist zu bedenken, daß wir uns hier gar nicht eine hochmittelalterliche Höhenburg mit Mauer und Graben und hochragenden Türmen vorstellen brauchen, denn in ahd. Zeit bedeutet das Wort Burg jenen Zufluchts - und Bergeort. Ein solcher war der Berg noch in frühmittelalterlicher Zeit. Erst als dann im hohen Mittelalter die zahlreichen Höhenburgen der Ritter errichtet wurden, die frühmittelalterliche Burg des Gebo aber längst aufgegeben war, sprach man von der "Bürg" des Gebo als einer älteren Wehranlage. Burg eines Gebo ist eine durchaus einfache, nüchterne und auch sachlich überzeugende Deutung des Namens Gelbe Bürg, zumal der Personenname Gebo auch in die Reihe der eingangs erwähnten o-Namen (Sammo, Heido, Meino) paßt. In Gebo darf man vielleicht den hochadeligen Burgkommandanten sehen, der in merowingischer Zeit auf der Burg herrschte. Die vorgeschichtliche Höhensiedlung ist in diesem Namen sicherlich nicht festgehalten, aber die fränkische Herrenburg lebt in dem Namen Gelbe Bürg noch fort. Suchen wir nach weiteren Beispielen solcher fränkischer Burgen und fragen nach ihren Namen, so lassen sich Personen als Namengeber feststellen. Die Ehrenbürg bei Forchheim könnte nach einem Arihho benannt sein (8). Weißenburg ist vielleicht nicht die "Weiße Burg", sondern die "Burg eines Wizo" (9), Laufenbürg bei Obermögersheim (1342 Lepfenbürg) die "Burg eines Loupfo" (10). In dem Namen, nach dem diese Burgen benannt sind, dürfen wir wohl den adeligen Herrn erblicken, der einst über sie gebot.

Anmerkungen

  1. St. A. Nbg., Rep. 122, Nr. 59, fol. 4
  2. St. A. Nbg., Rep. 165a, Nr. 705 unter Westheim
  3. Jahrb. f. fr. Landesf. 8/9, S. 111, Anm. 4
  4. Jahrb. f. fr. Landesf. Nr. 13, S. 120, Anm. 126
  5. St. A. Nbg., Rep. 122, Nr. 59, fol. 6, Wildbannbeschreibung: ....unter Spilberg hinumb bis zum Holenstein und stracks hinumb bis auf den steig, der von Haidenhaim aus gein Samenheim geit und volgendts grad am Holtz zur rechten Handt hinüber bis an die Gebenburg. . .
  6. St. A. Nbg., Rep. 213 (Partikulararb. d. Kl. Heidenheim), 1650
  7. H. Schreibmüller, Franken in Geschichte und Namenwelt, Würzburg 1954, S. 188
  8. Hugo Steger, Noch einmal zum Namen Ehrenbürg und Ehrenbach in Jahrb. f. fr. Landesf. Nr. 18, S. 290
  9. Der Personenname Wizo war in ahd. Zeit gebräuchlich. Siehe auch Konrad Arneth, Die Familiennamen des ehemal. Hochstifts Bamberg . . . in Jahrb. f. fr. Landesf. Nr. 16, S. 167
  10. Otto Puchner, Die Ortsnamen im Bezirksamt Dinkelsbühl, München 1939, S.43