Die Gelbe Bürg

in fränkischer Zeit

Erdgeschichtlicher Aufbau

Hahnenkammrand
Blick vom Gelben Berg entlang des nordwestlichen Hahnekammrandes

Der Gelbe Berg südlich von Gunzenhausen ist kein freistehender Zeugenberg wie etwa der benachbarte Hesselberg, der Wachtler bei Ostheim, der Trommetsheimer Berg oder der Flügelinger Berg bei Weimersheim. Diese bisweilen weit vorgeschobenen, landschaftlich reizvollen Restberge unserer engeren Heimat sind Bodenformen, die nicht durch Hebung des Erdbodens emporgepreßt wurden. Nein, die Kräfte der Abtragung haben sie in ungeheuer langen Zeiträumen von ihrem Jurahauptstück getrennt. So erscheinen sie uns heute wie einsame Berginseln im Juravorland. Sie gewähren von ihrem Gipfel aus nach allen Richtungen hin einen großartigen Fernblick, wohl am eindrucksvollsten der Hesselberg. Sie wirken infolge ihrer inselartigen Lage wie natürliche Festungen. Ihre schwer zugänglichen, meist tafelartig geebneten Gipfel waren seit grauer Vorzeit beliebte Anziehungspunkte für die herrschenden adligen Familien bäuerlicher Siedler, die auf dem tonigen, sanftlinigen Albvorland lebten. Ihnen wurde auf der Höhe wirksamer Schutz geboten. Durch Burgen und Befestigungsanlagen mancher Art konnten sie von diesen Höhen aus ihre Herrschaft über die bäuerlichen Schichten drunten im Umland ausüben und festigen. Die Zeugenberge der Fränkisch- Schwäbischen Alb sind daher als Träger vor- und frühgeschichtlichen Wehrsiedlungen oder mittelalterlichen Höhenburgen in der Geschichte bedeutungsvoll geworden.

Eine solche "alte Turmruine, um welche ringsherum die Jahrtausende der geologischen Zeiten die Seitenwände abgetragen haben", ist der Gelbe Berg noch nicht. Seine Gesteinsschichten hängen wenigstens in seinem Sockel noch fest mit dem Albmassiv des Hahnenkamms zusammen. Seine kegelförmige, wuchtige Gestalt lehnt sich unmittelbar an den Albtrauf an. Wer von der Ferne, etwa von einem der Keuperberge nördlich Gunzenhausens aus, über das weite, offene Altmühltal nach Süden zum Hahnenkamm blickt, der erlebt freilich eine Gesichtstäuschung. Er wird diesen Höhenzug als geschlossene, steil abfallende Mauer erkennen. Daß er sich aber von der Nähe aus betrachtet dann in zahlreiche Vorsprünge, Berghalbinseln und tief eingreifende Talbuchten auflöst, kann uns schon eine gute Wanderkarte verraten. So ist auch der Gelbe Berg vor dem dahinter liegenden, von dichtem Laubwald gekrönten Steilrand des Hahnenkamms von der Ferne aus kaum als selbständige vorgeschobene Höhe zu erkennen.

Erst ein Rundgang auf der tafelförmigen Gipfelebene läßt uns die Einsicht gewinnen, daß die Kräfte der Abtragung auch hier schon tüchtig am Werke waren, um den Gelben Berg vollends vom Juramassiv zu trennen. Es ist freilich schwer, sich die ungeheuren Zeiträume vorzustellen, die nötig sind, um den Gelben Berg nach dem Vorbild des Hesselberges oder des Wachtlers vollends zu einer einsamen, vom Jurasteilrand abgerückten Höhe werden zu lassen. Unser Zeitempfinden bewegt sich ja nur in der kurzen Spanne des menschlichen Lebens. Die Uhr der Erdgeschichte aber läuft unendlich langsam. Und doch steht auch der Gelbe Berg mitten in einer unablässig wirkenden, wenn auch für den Besucher kaum spürbaren Entwicklung, an deren Ende einst der vom Hahnenkamm vollständig getrennte Zeugenberg oder wenigstens eine Art Liasinsel stehen wird. Der an den Gelben Berg angelehnte, stark bewaldete Bergrücken nördlich Kurzenaltheim, Kent genannt, wurde bereits durch die abbauende Kraft der Erosion durch eine breite Bucht vom Jurasteilrand abgesetzt, die von Osten über Meinheim und Kurzenaltheim in den Hahnenkamm hereingreift und den Gelben Berg von rückwärts umklammert. Aus der gegenüberliegenden Richtung schneidet eine schmale Schlucht an der südwestlichen Flanke des Berges von Sammenheim her in den Albtrauf ein. Hier gelang es bereits den abtragenden Kräften Verbindung mit der Talbucht von Kurzenaltheim zu gewinnen und wenigstens den Gipfel des Berges von dem übrigen Jurahauptstock zu trennen. Eine breite Schlucht klafft nun zwischen der abgeplatteten Höhe des Gelben Berges und dem Hahnenkamm, von der man kaum annehmen kann, daß sie je einmal von Menschen geschaffen wurde. Mag sein, daß man am Südhang des Berges einst die weißen Werkkalksteine zum Bau der oberen Mauer entnahm und auf diese Weise den Hang noch steiler und unzugänglicher gestaltete, aber die Schlucht selbst ist doch ohne Zweifel ein Werk der Natur. Die dem weißen Jura angehörenden, mauerartig gelagerten Werkkalkschichten des Gelben Berges stehen heute in keinem Zusammenhang mehr mit der gleichartigen Formation des Albrandes. In unermeßlich langen Zeiten der Erdgeschichte wurde am Steilabfall des Hahnenkamms südlich Gunzenhausen eine kegelförmige Höhe aus dem Hauptstock der Juramauer herausmodelliert, die zwar in ihrem Sockel noch mit dem Muttergestein in Verbindung steht, auf ihrem Gipfel aber gleichsam wie durch einen natürlichen Halsgraben vollkommen isoliert als mächtige natürliche Bergfestung erscheint. So lockte der Gelbe Berg, wenn auch nicht als voll ausgebildeter Zeugenberg der Fränkischen Alb, so doch als abgeschnürte, steil ansteigende Berginsel in grauer Vorzeit und noch im frühen Mittelalter die Menschen zur Errichtung eindrucksvoller Wehrbauten, deren Spuren wir noch antreffen. Der Gelbe Berg wurde zum geschichtlich bedeutsamsten Berg des Hahnenkamms und unserer schönen Heimat im Landkreis Gunzenhausen. Doch bevor wir uns seiner Geschichte zuwenden, möge uns ein Blick in seinen geologischen Aufbau die Eigenart dieser natürlichen Bergfestung noch verdeutlichen.

Nordhang
Blick von Norden auf den Gelben Berg

Der aus dem Albvorland zwischen Dittenheim und Sammenheim erst sanft, dann immer steiler aufsteigende Gelbe Berg ist ein Juraberg. Seine Entstehung fällt daher in die gleiche erdgeschichtliche Zeit, in der unsere heute so reizvolle, jugendlich anmutende Alblandschaft aufgeschichtet wurde. Ein flaches Randmeer, ähnlich der heutigen Nordsee, flutete am Ende der Keuperzeit über unsere Heimat hinweg und legte in unendlich langen Zeiträumen auf die Zone festländischer Ablagerungen eine bunte Folge von marinen Schichten, die die Geologen nach der vorherrschenden Farbe ihrer Gesteine in drei große Hauptstufen eingeteilt haben: Schwarzer, brauner und weißer Jura. Wer von dem Dorf Dittenheim kommend den Gelben Berg besteigen will, der tritt aus der Zone der festländischen Ablagerungen, die die Altmühl aufgeschüttet hat, in den tonigen Bereich des Schwarzen Juras, der den Sockel bildet, auf dem sich der Gelbe Berg aufbaut. Der Schwarze Jura ist freilich keine einheitliche Ablagerung, sondern es liegen auch hier am Fuße des Hahnenkamms wie in allen Liasgebieten Sandsteine, dunkle Mergel, Tone und Tonschiefer in lückenloser Folge aufeinander. Von den einzelnen Schichten ist es aber nur der Gryphäensandstein in einem alten Steinbruch an der Straße von Dittenheim nach Sammenheim aufgeschlossen In der Ackerkrume verrät er sich durch eine Unzahl großer, wasserheller Quarzkörner. Als man im 18. Jahrhundert von der reinen Holz- Lehm- Bauweise der Bauernhäuser und Scheunen mit den hie und da noch vorhandenen Flechtwerkwänden - im Hahnenkamm "Spachwände" genannt - sich abkehrte und dazu überging, das untere Stockwerk völlig in Stein aufzuführen, da fand man in dem schwarzgrauen Gryphäensandstein auf dem unteren Jura einen brauchbaren Baustein, der, in geringer Tiefe unter einer dünnen Humusschicht versteckt, häufig in der eigenen Gemarkung zu erreichen war. Die Römer verwendeten ihn bei Westheim als Straßenschotter und noch vor wenigen Jahren diente er den Bauern als Schottermaterial für Feldwege und Ortsstraßen. Heute freilich werden diese gemeindeeigenen Steinbrüche auf dem Liasvorland kaum mehr benützt, nachdem sich im Bauwesen auf dem Lande der genormte Kunststein durchgesetzt hat und die Gemeinden überall im Rahmen der Flurbereinigung dauerhafte Beton- und Asphaltwege bauen.

Von den übrigen Schichten des Lias finden wir am Fuß des Gelben Berges keine mehr aufgeschlossen. Die gesamte Schwarzjurastufe drückt sich jedoch gesetzmäßig aus in der Gestaltung der Geländeform und in der Beschaffenheit des Ackerbodens und seiner Fruchtbarkeit. Als mächtigste Schicht der Liasstufe erscheinen am Fuß des Gelben Berges vor allem die speckigen Amaltheentone. Schwer und dunkel ist der Boden in ihrem Bereich nach dem Pflügen und vor allem an Regentagen. Da im Lias keine harte, schützende Deckschicht über den Tonmassen lagert, leisten sie der Abtragung wenig Widerstand und sind deshalb der Abschwemmung und Zerstörung besonders ausgesetzt. So finden wir am Fuße des Gelben Berges die gleichen sanftlinigen, weichen Geländeformen vor wie im übrigen Albvorland. Breit und weit auslaufend gleitet der Fuß des Berges durch den schwarzen Jura hinunter in die Ebene, in der sich der Wirtschaftsraum der beiden alten Dörfer Dittenheim und Sammenheim erstreckt. Ebenso wie in der Geländeform spiegeln sich die verborgenen Liasschichten am Fuße des Gelben Berges in der Beschaffenheit des Ackerbodens und im Pflanzenwuchs wieder. Der Wald, in grauer Vorzeit wohl auch auf den tonigen Böden am Fuße des Berges heimisch, wenn auch nur parkartig verbreitet und stark gelichtet, wurde im Laufe der langen Kulturepochen, die hier in ziemlich lückenloser Folge von grauer Vorzeit bis in die Gegenwart wirken, auf wenige Parzellen in den Außenfeldern der Gemarkungen Sammenheim und Dittenheim zusammengedrängt. Diese Wäldchen am Fuß des Berges sowie die Schafweide in ihrer Nähe weisen auf den wenig fruchtbaren Gryphäensandstein hin, der keine tiefgründige Ackerkrume zuläßt und deshalb stellenweise der Wald- und Weidenutzung überlassen bleibt. Gegen den Berg sanft ansteigend jedoch breitet sich ein Gürtel fruchtbarsten Ackerlandes aus, vorwiegend von Amaltheentonen gebildet, das sogenannte Starkfeld, ein ausgezeichneter Weizen- und Gerstenboden, der den Wohlstand der Bauern am Fuße des Berges bedingt.

Wo die schweren und strengen Äcker von feuchten Wiesen abgelöst werden, wo das allmählich ansteigende Gelände besonders auf der Sammenheimer Seite des Berges beginnt etwas unruhigere Formen anzunehmen, sind wir aus dem untersten Stockwerk, dem Lias, in das Mittelgebäude, in die Zone des unteren Braunjura eingetreten. Ein krasser Landschaftswechsel ist freilich mit diesem Anstieg noch nicht verbunden, denn die unterste Braunjuraschicht, der Opalinuston, prägt sich ähnlich im Gelände aus wie das Schwarzjuragestein. Auch diese überaus mächtige, aus dunkelgrauen Tonen und Tonschiefern bestehende Ablagerung ist am Berghang nirgends aufgeschlossen. Doch kündigt sie sich dem suchenden Auge im Gelände an. Unter die graubraunen Äcker mischen sich in Richtung auf den Berggipfel zu plötzlich höher gelegene Wiesen, die im Frühjahr, wenn über sie der ganze Zauber der Maienpracht gebreitet liegt, an feuchten Stellen eine eigenartige, sumpfliebende Pflanzengesellschaft beherbergen: Binsen, Simsen, Minzen und Dotterblumen. Ein alter Weiherdamm am sogenannten Bergweg hinter dem Dorfe Dittenheim erinnert an die wegen ihrer vielen Fastentage im Mittelalter weit verbreitete Teichwirtschaft, die sich im Hahnenkamm besonders auf diese wasserundurchlässige, stellenweise sogar zur Versumpfung neigende Opalinustonschicht beschränkte, da sie eben am besten zur Anlage von Weihern geeignet war. Durch den Überfluß an Wasser wird der Ackerboden dort kalt und unfruchtbar, die Wiesen tragen Sauergräser. Die Bauern haben freilich durch Dränieren die Sauerwiesen entwässert und den Ackerboden ertragreich gestaltet, besonders dort, wo er durch Überschüttung mit Doggersanden etwas wärmer und trockener ist.

Auf der Sammenheimer Seite des Berges fallen viele kleine und kleinste Parzellen ins Auge, teils Wiesen, teils Ackerland. Sie erinnern an die zu Beginn des vorigen Jahrhunderts stattgefundene Verteilung gemeindeeigenen Weidelandes. Denn diese kleinen Feld- und Wiesenstücke am Nordhang des Berges waren im Mittelalter wohl einmal Viehanger auf der Opalinustonstufe. Ein Stück vergangener Hirtenpoesie liegt über dieser Stufe des Berges, diesem ehemaligen Hutwasen, von dem aus einst das friedliche Schellengeläute der Kühe in die Dorfstille von Sammenheim klang. Die alte Linde am Berghang, die heute unter Naturschutz steht, mag in ihren jungen Jahren noch diese Hirtenromantik erlebt haben, die Zeit, in der auf dunkelgrünen Wiesen am Fuße des Berges die rotscheckigen Rinder der Dorfherde unter einem gemeinsamen Hirten weideten. Bis in das 19. Jahrhundert war es in den Dörfern um den Gelben Berg Brauch gewesen, am Michaelistag (29. September) einen Dorfhirten zu dingen, der dann von Walburgis (1. Mai) bis Martini (11. November) das gesamte Vieh des Dorfes in seiner Herde vereinigte und diese auf feuchten Weidegründen der hier sehr mächtigen Opalinustufe grasen ließ. Einige Lindengruppen am Berghang hat man als Stallbäume gepflanzt. Unter ihrem Laubdach konnte der Hirte mit seiner Herde vor Regen- und Hagelschauern Schutz suchen und in der Sonnenhitze fand dort das Vieh einen kühlen Lagerplatz und Schutz vor den lästigen Mücken. Vorbei ist das jetzt alles, längst vorbei.

Abendstimmung
Abendstimmung auf dem Gelben Berg

Schon vor etwa 200 Jahren wurde mit dem Aufkommen neuer Wirtschaftsformen der jahrhundertealte gemeinsame Weidegang abgeschafft und die Stallfütterung eingeführt. Die einstigen gemeindeeigenen Weidegründe wurden unter die Bauern verteilt und gingen in ihr Eigentum über. Dadurch erfolgte eine noch stärkere Zersplitterung der mittelalterlichen Fluren am Hahnenkamm, eine Zerstückelung in kleinste Parzellen, wie wir sie nunmehr auf der Sammenheimer Seite des Berges vorfinden. Haben in seinem Unterbau leicht zerstörbare, dunkle Tone und Tonschichten den sanftwelligen, breit auslaufenden Fuß des Gelben Berges gestaltet, so beginnen nun in seinem Mittel- und Oberbau harte, widerständige Schichten ihm jene Form zu geben, die dem Menschen der Vorzeit Schutz und Schirm gewähren konnte. Ein mauergleicher, schroff und kühn ansteigender Hang erschwert nunmehr wie eine gewaltige Treppe den weiteren Aufstieg zum Gipfel. Er wird durch den Eisensandstein gebildet, der im Gegensatz zu den leicht zerstörbaren Tonen der Unterstufe die harte, widerstandsfähige Deckschicht der Mittelstufe bildet, die mit einer Mächtigkeit von ungefähr 35 Metern über dem weichen Tonsockel des Opalinustones emporsteigt und die untere Terrasse der Bergfestung bildet. Zwar ist der Eisensandstein am Gelben Berg in keinem Steinbruch aufgeschlossen, doch kann sich die tief im Mittelbau der Jurahöhe verborgene Felsenschicht dem Blick nicht entziehen. Aus der kurzen Grasnarbe lugt die rote Farbe des Gesteins, das an manchen Stellen von violett glänzenden Eisenflözen durchzogen ist. Im Hahnenkamm bei Heidenheim wurden im vorigen Jahrhundert diese Eisenerze abgebaut, wovon noch heute ein Stollen im nahen Rechenberg bei Ostheim Zeugnis gibt (1). Die an Eisen ärmeren Lagen dieser sehr widerstandsfähigen Stufe haben einen warmen, sehr brauchbaren Baustein, mit dem die Burgen von Hohentrüdingen und Spielberg errichtet wurden, der aber auch für Bauernhäuser Verwendung fand. Im Gehänge des Berges auf der Dittenheimer Seite verraten zwei in den Fels getriebene verfallene Bierkeller die Eisensandsteinstufe.

Infolge der Durchlässigkeit des Sandsteins bleibt der Hang sehr trocken, das Regenwasser sickert durch den Felsen und tritt erst über der nächsten undurchlässigen Schicht im Liegenden, im Opalinuston, in zwei Schichtquellen zutage. Sehr viele alte, jetzt längst nicht mehr benützte Lagerbierkeller, wurden im Hahnenkamm in den Eisensandstein getrieben, der für ihre Anlage hervorragend geeignet war. Sie erscheinen hier gewöhnlich unter dem Namen "Sommerkeller". Alte Linden- oder Kastanienbäume, die man einst zu ihrer Beschattung pflanzte, verraten schon aus weiter Ferne die Lage eines derartigen Kellers. Ein alter Hohlweg, in unmittelbarer Nähe der Bierkeller, weist ebenfalls auf die Eisensandsteinstufe hin. Da nunmehr der steile Böschungswinkel und die wesentlich geringere Fruchtbarkeit dieses Gesteins geordneten Ackerbau nicht mehr erlauben, ändert sich auch das Pflanzenbild. Ackerbau hat an dem schroffen Steilhang nun vollständig aufgehört. Auf der Sammenheimer Seite bedeckt eine kurze Grasnarbe mit eigenständigen Sandpflanzen diese Stufe des Berges, auf der Dittenheimer Seite grünt der Buchen- und Fichtenwald. Der an den Gelben Berg nach Osten angelehnte Bergrücken, Kent genannt, wo der rote Eisensandstein das schützende Dach über der wichen Schichtmasse des Opalinustones bildet, ist völlig bewaldet. Wo das fruchtgesegnete Ackerland des Albvorlandes vom Wald abgelöst wird, da kündet sich überall der Eisensandstein an. Auf seinen wasserdurchlässigen, trockenen Sandfeldern hat sich der Röhrenwald mit einer eigentümlichen Gemeinschaft von Trockenlandpflanzen eingefunden. Da flammt der Ginster, glutet das Heidekraut und wuchert das Schwarzbeer- und Dornengestrüpp und die Adlerfarnwildnis. Wo die aus dem Weißjurahorizont kommende Bergwasser tiefe Schluchten in den Eisensandstein gerissen haben, wandern in diese wilden Doggerschluchten mit dem Wasser und dem Weißjuraschutt auch die Buchen herab und die Blumen der Kalkschichten. Das Auge kann sich dann im Mai und Juni erfreuen an Akelei und Türkenbund, an der rosaroten Kronenwicke und der Königskerze, an Salomonsiegel und wehrhaft stacheligen Disteln, die hier alle dichtgedrängt in bunter Gesellschaft beieinander stehen. Die Eisensandsteinstufe des Gelben Berges ist hier freilich infolge ihrer geringen Ausdehnung und ihrer Beweidung durch Schafherden nicht das geeignete Beobachtungsgebiet, jedoch die gleichartigen Schichten des nahen Hahnenkamms bilden noch ein unberührtes Blumenparadies. Mit dem Eisensandstein sind wir in das Jugendstadium unseres Berges eingetreten. Die müden Linien einer alternden Landschaft am Fuße des Gelben Berges werden hier abgelöst durch schroffe, kühn ansteigende Steilhänge. Die zahlreichen auf dem Eisensandstein unmittelbar aufliegenden Doggeroolithe besitzen nur geringe Mächtigkeit und prägen sich hier im Gelände kaum aus.

Bevor wir aber zur tafelförmigen Gipfelebene des Gelben Berges emporklimmen, führt unser Weg noch mal über eine Verebnung, die durch den Ornatenton verursacht wird. Dieser verwittert infolge seiner Gesteine über und unter ihm. Er legt somit um den vertikalen Gipfel des Berges in etwa 20 Meter Tiefe einen dreieckförmigen Kranz, der zusammen mit dem steil abstürzenden Eisensandstein die untere Terrasse des Berges bildet. Diese flach hangwärts geneigte Ornatentonebene war in ihrem gesamten Umfang in vorgeschichtlicher Zeit befestigt. Spuren dieser Befestigung sind in Form eines alten Ringwalles noch deutlich erkennbar. Da der Ornatenton für Wasser besonders aufnahmefähig ist und verhindert, daß das durch die darüberliegende, stark verkarstete Werkkalkschicht sickernde Wasser in größere Tiefen durchstoßen kann, bildet er den zweiten Quellenhorizont im Braunen Jura. Er läßt auch hier am Gelben Berg die einzige Quelle am Südhang zutage die innerhalb der alten Befestigungsanlage im Falle einer Belagerung dem Zugriff des Feindes entzogen war. Vergeblich suchen wir auf dieser Höhe nach einen Aufschluß im Ornatenton. Sein Dasein bezeugen die in der Nähe der Quelle auftretenden Sumpfpflanzen; Binsen, Minzen und der Zwerg- oder Giftholunder. Fast in seiner gesamten Breite ist der Ornatenton am Gelben Berg von dem Hangschutt der Werkkalkmauer überrollt, die nun als oberste Terrasse mauerartig über der Verebnung emporsteigt und die hell leuchtende Krone des Berges bildet. Diese Werkkalkschicht liegt wie eine mächtige dreieckähnliche Tafel auf dieser Höhe. Die zahlreichen Steinbrüche geben das Gestein im Aufschluß frei. Wohlgeschichtet liegen die 20-30 cm dicken Bänke dieser blendweißen Kalke mit dünnen Tonhäuten lückenlos aufeinander und bilden hier eine von kurzer Grasnarbe bedeckte Tafel. Infolge der Durchlässigkeit des Kalkgesteins ist die Krone des Gelben Berges äußerst wasserarm und erlaubt weder Ackerbau noch Waldwuchs. Die Gipfelfläche, je zur Hälfte der Gemeine Sammenheim und Dittenheim gehörig, wird als Schafweide genutzt, äußerst gesund für die Tiere, wenn auch infolge der Trockenheit nicht sehr ertragreich. Bis zum Jahre 1934 wurden die Kalksteine dieser obersten Staffel zu Bau- und Schotterzwecken für das steinarme Liasland abgebaut. Zahlreiche Steingruben sind in die Werkkalksstaffel eingebrochen. Erst im Jahre 1934 gelang es dem damaligen Bezirksamt Gunzenhausen auf das Bemühen namhafter Prähistoriker hin, den gesamten Berg unter Denkmalschutz zu stellen. Auch diese oberste Terrasse umzog einst ein Ringwall, der allerdings infolge der Steinentnahme nur noch in Resten erhalten blieb. Der Gelbe Berg reicht, wie der gesamte westliche und nördliche Hahnenkamm, geologisch nur bis zum unteren Weißjura. Die Schwammkalkstaffel ist längst der Abtragung zum Opfer gefallen, eine Dolomitenkrone hat der Berg wohl nie getragen. Es fehlen dem Gelben Berg, wie allen Hahnenkammhöhen, die schroffen Felsabstürze, die romantischen Höhlen und die schimmernden Felsenkronen. Seine beiden übereinander liegenden Terrassen ließen sich jedoch leicht befestigen, so das er an geschichtlicher Bedeutung sich doch mit vielen anderen Bergen Frankens und Schwabens messen kann.

Anmerkungen

  1. Gunzenhäuser Heimatbote (künftig G.H.B.). Bd. II, Nr.